Kammerorchester meistert Beethoven

Musik

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Das grosse Publikum erlebte am Samstag ein intensives Konzert des Baarer Kammerorchesters mit drei Beethoven-Werken. Unter der Leitung von Manuel Oswald gelang ein stimmungsvolles Zusammenspiel zwischen Streichern und Bläsern.

  • Anspruchsvolle Notentexte gelungen umgesetzt: das Baarer Kammerorchester am Samstagabend in Baar. (Bild Werner Schelbert)
    Anspruchsvolle Notentexte gelungen umgesetzt: das Baarer Kammerorchester am Samstagabend in Baar. (Bild Werner Schelbert)

Baar – Bis auf den letzten Platz füllte die Hörergemeinde des Baarer Kammerorchesters am Samstagabend den Gemeindesaal Baar für das Beethoven-Konzert. Wie der Cellist Oswald Iten und der Vereinspräsident Martin Spilker schon in den Einleitungsworten darstellten, entstand die 2. Sinfonie während einer Lebenskrise des Komponisten. Diese ist im sogenannten Testament von Heiligenstadt dokumentiert, und sie bezeugt ein erstes Mal die später bis zur Ertaubung fortschreitenden Hörprobleme von Ludwig van Beethoven. 

Die 2. Sinfonie fand bei ihrer Uraufführung am 5. April 1803 ein recht unfreundliches Echo. Bemängelt wurde neben der Länge einzelner Durchführungen vor allem der im Vergleich zu Mozart und Haydn viel höhere Bläser­anteil. In der Zeit kurz vor der Umstellung von den Naturton- zu den Ventilblasinstrumenten brachte dies vor allem Einbussen bei der Tonreinheit. Mit einer aus Profis und Amateuren gemischten Zuzügergruppe und durchwegs modernen Instrumenten gelang in Baar gut 200 Jahre später eine ausgezeichnete Intonation.

Orchester zeigt sich vergrössert und verjüngt

Den grössten Aufwand an Vorarbeit hatten aber doch die Streicher geleistet. Das Baarer Kammerorchester zeigte sich gegenüber früheren Auftritten noch etwas vergrössert und verjüngt. Mit insgesamt 46 Streicherstimmen – davon nur 4 Männer – bewegte man sich im Grenzbereich zwischen Kammerorchester und voll ausgebautem Sinfonieorchester. Die Stimmführerinnen fanden ein gutes Zusammenspiel mit dem Dirigenten Manuel Oswald und unter sich; gleichzeitig wussten sie auch die übrigen Mitwirkenden nachzuziehen. Gewisse Unsicherheiten an den hinteren Pulten wurden durch vorsichtiges Spiel ausge­glichen, führten aber kaum je zu Störungen des Gesamtklangs und der Intonation. In eher gemessenem Tempo begann der erste Sinfonie-Satz. Transparent erschien das Wechselspiel zwischen Streichern und Bläsern. Klar als Steigerung hervorgehoben beeindruckte die verlängerte Durchführung mit verschiedenen teilweise überraschenden harmonischen Wechseln. Wirkungsvoll kontrastierte das von den Streichern dominierte Larghetto mit den stets klar her­vorgehobenen und doch nicht pedantisch wirkenden thematischen Einwürfen. 

Auch in den beiden letzten Sätzen spürte man ein weiteres Mal den grossen Aufwand für das Einstudieren des für Laien an der oberen Grenze liegenden Notentextes. Das Orchester vermochte aber den Tempovorstellungen des Dirigenten nicht immer restlos zu folgen. Wenn Manuel Oswald nach unvermeidlichen Verzögerungen einzelner Zwischenpassagen dann im Hauptthema das Metrum wieder anzuziehen versuchte, führte dies zu einigen Ungenauigkeiten des Zusammenspiels.

Zum Schluss ein Streichquartett-Satz

Bei zwei kürzeren Werken, welche die Sinfonie umrahmten, waren die Streicher des Baarer Kammerorchesters unter sich. Als Auftakt erklang ein Satz der Klaviersonate Opus 14, Nr. 1, der aber schon von Beethoven selbst für ein vierstimmiges Streicherensemble umgearbeitet worden war. Auch der Streichquartett-Satz aus Opus 130 war eine Bearbeitung. Beethoven hatte – ähnlich wie Johann Sebastian Bach fast 100 Jahre früher – bei seinen letzten Werken oft auf eine ausdrückliche Instrumentierung verzichtet und zusätzlich sogar einzelne Sätze zwischen verschiedenen Werken ausgetauscht.

Schon zu Beginn wurde der am Schluss gespielte Quartettsatz als Zugabe bezeichnet. Von der Struktur des Programms her war es sinnvoll, auf eine Pause innerhalb des Konzertes zu verzichten. Dafür erhielten die Besucher noch Gelegenheit, nach Schluss des Beethoven-Erlebnisses sich untereinander und mit den Mitwirkenden zum offerierten Apéro zu treffen. (Jürg Röthlisberger)