Wie Walchwil in die Moderne fand

Kunst & Baukultur, Brauchtum & Geschichte

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Strasse, Schifffahrt und Bahn brachten Wohlstand. Die Gemeinde hatte aber auch heftige Ereignisse zu bewältigen.

  • Erstes Bild: So sah das Walchwiler Seeufer nach dem Unwetter vom 9. September 1934 aus. Zweites Bild: Dieselbe Stelle im Dezember 2021. (Bilder ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv (15. September 1934)/Jan Pegoraro)
    Erstes Bild: So sah das Walchwiler Seeufer nach dem Unwetter vom 9. September 1934 aus. Zweites Bild: Dieselbe Stelle im Dezember 2021. (Bilder ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv (15. September 1934)/Jan Pegoraro)

Walchwil – «Ein Unwetter, wie es seit Menschengedenken nicht erinnerlich ist, sucht die Zentralschweiz heim.» Das steht in der Chronik der Jahre 1934 und 1935 des Zuger Neujahrsblatts von 1937 über das schwere Unwetter, das am 9. und 10. September 1934 über die Kantone Zug und Schwyz hereinbrach. Und weiter: «Das Zugerland wird so schwer wie noch nie betroffen. Die Verbindungen nach Arth-Goldau wie auch ins Ägerital sind unterbrochen. Harmlose Bächlein wurden zu reissenden Wildwassern, die in ihrem Lauf alles verheerten. In Walchwil, Oberwil, in Oberägeri, Unterägeri, im Lorzentobel, im Baarerboden und in der Letzi bei Zug zeigt sich die Un­wetter­katastrophe in fürchterlichster Stärke.»

Heute ist von den Schäden, die das Unwetter damals hinterlassen hat, nichts mehr zu sehen, aus Walchwil ist eine blühende, finanzstarke Gemeinde geworden.

Die Armee wird zur Hilfe aufgeboten

In Walchwil in Mitleidenschaft gezogen wurden die Strasse entlang des Zugersees sowie die Anlagen der SBB. Laut dem Zuger Neujahrsblatt von 1937 leistete der Kanton schnell erste finanzielle Hilfe. «Der Kantonsrat bewilligt einen ersten Kredit von 200000 Franken zur vorläu­figen Instandstellung der Strassen. Der Gesamt­schaden wird durch die nachfolgende Schätzung auf rund 3 Millionen Franken angesetzt, und zwar 685744 Franken bei Privaten, 1,57 Millionen Franken bei den Korporationen, 660000 Franken bei den Industrien, 13000 Franken bei der elektrischen Strassenbahn, 100000 Franken beim Kanton und 56547 Franken bei den Gemeinden.» Eine Spendenaktion des kantonalen Hilfskomitees und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft sammelte für den Kanton Zug Hilfsgelder von gut 155000 Franken. Damals ein grosser Betrag. Zudem stellte das Eid­genössische Militärdepartement die Geb. Sapp. Kp. IV/3 zum Brücken- und Strassenbau zur Verfügung.

Das Unwetter von 1934 war nicht das einzige, das in Walchwil schwere Schäden hinterliess. Im Jahr 1839 versank der Garten beim Gasthaus Sternen und mit ihm verschwanden 60 Bäume im See; 1861 zerstörte ein Unwetter die Brücke bei St.Adrian. Die Strasse, die im Bild von 1934 zu sehen ist, ist der Vorläufer der heutigen, gut ausgebauten Zugerstrasse. Der Bau dieser Strasse wurde 1827 von den Gemeinden Zug, Walchwil und Arth in Angriff genommen. Dies auch, weil früher nur gerade ein Saumweg Zug, Walchwil und Arth verband.

Fortschritt dank Schifffahrt und Gotthardbahn

Offenbar machte der Bau schnelle Fortschritte. Denn schon 1835 befuhr die Zürichpost die Strecke Zürich–Horgen–Zug–Walchwil–Arth zweimal täglich mit drei Pferden, schreibt Albert Müller im Buch «Walchwil». Die Gemeinde allerdings prosperierte nochmals ab 1852 mit der Dampfschifffahrt auf dem Zugersee sowie mit der Eröffnung der Gotthardbahn am 30. Mai 1897. Damit war eine umfassende Verbindung in die Welt und für den Tourismus hergestellt. (Harry Ziegler)

Hinweis 
In dieser Serie stellen wir Dorfansichten aus Zuger Gemeinden und ihren Wandel über die Zeit vor. Quellen: «Zuger Neujahrsblatt, 1937»; «Walchwil», Albert Müller, 1979.