Inhaltlich erfolgreich, aber es fehlt am Platz
Kunst & Baukultur
Im Grossen Gemeinderat wurde Kritik an der Führung des Kunsthauses Zug laut. Direktor Matthias Haldemann äussert sich dazu.
Zug – Das Kunsthaus Zug ist im Stadtparlament in die Kritik geraten. Konkret ging es bei der Debatte darum, einen jährlich wiederkehrenden Beitrag von 2024 bis 2027 in der Höhe von 757000 Franken, total für die 4 Jahre rund 3,028 Millionen Franken, zu sprechen.
Grundsätzlich wurde seitens der Fraktionen und der Geschäftsprüfungskommission (GPK) der Kredit befürwortet, allerdings wurde auch Kritik, primär an der Führung des Kunsthauses Zug, geäussert. Entwicklungspotenzial sei in fast allen Bereichen vorhanden. Explizit genannt werden die Strukturen, sprich die Lokalitäten, die dem Betrieb Grenzen setzen. Das Zuger Kunsthaus befindet sich in der Liegenschaft «Hof im Dorf», angrenzend an den Daheimpark und die dortige noch erhaltene Stadtmauer.
Kunsthaus ist ein Leuchtturm, aber ...
Das Zuger Kunsthaus sei ein Leuchtturm im Zuger Kulturleben. Darin sind sich alle Fraktionen einig. Dennoch müsse man genau hinschauen, erhalte doch das Kunsthaus einen der höchsten Beiträge der Stadt. Genau hinschauen und Möglichkeiten einer allfälligen Weiterentwicklung aufzeigen, das möchte auch der Stadtrat. In seinem Bericht wird eine Potenzialanalyse in Aussicht gestellt.
Die GPK schreibt in ihrem Bericht: «Die allgemeinen Rückmeldungen waren ausnahmslos sehr positiv zum Kunsthaus Zug. Weitere Rückmeldungen waren aber leider auch: Die Besucherzahlen im Kunsthaus sind leider stagnierend bis rückläufig, auch nach Corona.»
Unsere Zeitung hat mit dem Direktor des Kunsthauses, Matthias Haldemann, über diese und weitere Kritik gesprochen.
Können Sie den Eindruck der GPK nachvollziehen?
Matthias Haldemann: Die positiven allgemeinen Rückmeldungen zum Kunsthaus Zug freuen mich. Das entspricht dem Feedback, das uns die Besuchenden aus nah und fern, zum Beispiel im Gästebuch, geben. Corona und die anschliessende Energiekrise haben uns zu einschneidenden Programmänderungen gezwungen, was sich auch im 2023 auswirkt.
Können Sie präzisieren, inwiefern sich Corona und die Energiekrise auf das diesjährige Programm ausgewirkt haben?
Wir planen die Ausstellungen in der Regel langfristig. Teilweise auch mehrere Jahre im Voraus. Seit vier Jahren planen wir ein grosses Projekt über den österreichisch-amerikanischen Künstler Friedrich Kiesler. Die Ausstellung hätte eigentlich in diesem Jahr stattfinden sollen. Zu sehen gewesen wären auch Leihgaben aus den USA. Im letzten Herbst musste ich die Ausstellung um ein Jahr verschieben.
Weshalb?
Wir mussten feststellen, dass aufgrund der gestiegenen Energiepreise vor allem im Bereich des Containertransports grosse Probleme entstanden und keine Termine verfügbar waren. Es handelt sich bei einigen Werken um grosse Skulpturen, die im Schiffscontainer transportiert werden müssen, weil das wesentlich günstiger ist als andere Transportmöglichkeiten. Wir mussten einsehen, dass das damals eine derart unsichere Sache geworden war, dass wir das finanziell nicht riskieren konnten. Dank der facettenreichen Sammlung konnten wir jedoch seit der Pandemie mit mehreren thematischen Ausstellungen kurzfristig auf die schwierige Situation reagieren, die beim Publikum sehr gut ankamen, zuletzt 2023 mit «Lust auf Farbe».
Weiter heisst es im GPK-Bericht: «Öffentlich wird nicht oder nur hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen, aber intern herrscht offensichtlich keine optimale Stimmung. Weshalb ist dies so?» Diese Frage beantwortet der GPK-Bericht nicht.
Deshalb: Weshalb ist dies so?
Im Haus herrscht eine gute Stimmung, allerdings haben wir sehr viel zu tun. Vorstand, Stiftungsrat und Team arbeiten intensiv zusammen. Eben stellen wir die neuartige, partizipative und interaktive Website «das transparente Museum» fertig, um künftig auch Prozesse zu thematisieren, die hinter den Kulissen ablaufen. Dies dank der Transformationsmittel von Bund, Kanton, Stadt und Privaten. Zudem laufen gemeinsame Planungen für die Inbetriebnahme der Halle 11 im Kunstcluster Zug 2024.
Ein Mitglied der GPK hat offenbar gesagt, Ihr Führungsverhalten und Ihr Management würden von externer Seite infrage gestellt. Hat das Kunsthaus Zug ein Management- oder Führungsproblem?
Die Personalfluktuation nach einer langen Phase der Konstanz hat mehrere Gründe. Neben Pensionierungen und Abgängen aus privaten Gründen kam es zu Wechseln im Zusammenhang mit der notwendigen Transformation und Professionalisierung des Betriebs, die dank erhöhter Mittel von der öffentlichen Hand 2021 eingeleitet, durch Corona aber erschwert wurden.
Das heisst?
Im Bereich der Administration/Organisation gibt es viel zu tun, was zu Überbelastungen führte, die zum Teil andauern. Zu vieles musste über Jahre liegen gelassen werden aufgrund knapper Mittel. Wir bemühen uns, dies schrittweise weiter zu verbessern. Die erfreuliche Erhöhung der städtischen Mittel ab 2024 hilft uns dabei weiter. Gleichwohl konnten wir die letzten Jahre finanziell unbeschadet überstehen. Ich danke den kompetenten Personen im Vorstand und Stiftungsrat, die uns ehrenamtlich tatkräftig unterstützen, und freue mich über die erfolgreiche Verjüngung des Teams. Mit Jana Bruggmann wurde eine Kuratorin angestellt, die mich entlasten wird. Sie war vor zehn Jahren als wissenschaftliche Volontärin bei uns tätig.
Der Stadtrat will eine Potenzialanalyse zum Kunsthaus Zug machen lassen. Wie stehen Sie dazu?
Wir sind offen für eine Potenzialanalyse. Wir sind gespannt auf die Beurteilung des Potenzials der absolut hochkarätigen Sammlung, aus der wir Werke und Werkgruppen national und international ausleihen und dafür hochkarätige Leihgaben für eigene Wechselausstellungen bekommen, sowie von Projekt Sammlung mit wirklichen Stars der Kunstszene, die immer wieder gerne, ohne Gage hierherkommen – auch für besondere Werke im öffentlichen Raum in Zug! Es hat uns gefreut, dass sich die Stadt Zug am Swiss Economic Forum in Interlaken als Kulturstadt präsentierte unter anderem mit Werken von Tadashi Kawamata, Roman Signer, James Turrell in der Stadt und mit der Stiftung Sammlung Kamm im Kunsthaus Zug.
Wie sehen Sie das: Ist das Potenzial des Kunsthauses ausgeschöpft?
Das Stadtparlament hat zu Recht festgestellt, dass das Potenzial des Kunsthauses nicht ausgeschöpft wird. Tatsächlich öffnet sich seit langem eine Schere: Das Kunsthaus konnte sich inhaltlich erfolgreich weiterentwickeln, insbesondere die Sammlung wächst dank grosszügiger, wichtiger Schenkungen in verschiedenen Bereichen und findet beim Publikum grosses Interesse.
Und andererseits?
Wir stehen räumlich auf dem Stand Ende der 1980er-Jahre, als das Haus unter völlig anderen Voraussetzungen geplant wurde. Die attraktive Sammlung lässt sich nicht gleichzeitig mit Wechselausstellungen präsentieren, dafür ist das Haus zu klein. Also liegt das Potenzial zum Teil brach, Kosten entstehen. Wir sind noch nicht in einem effizienten Bereich. Seit mehreren Jahren arbeiten wir an einem vielversprechenden, massgeschneiderten Erweiterungsprojekt für den bestehenden Standort. Das Kunsthaus soll sich für ein vielfältigeres Angebot erweitern und öffnen. Wieso sollte in Zug nicht auch gelingen, was in anderen Kantonen seit langem erreicht wurde und laufend verbessert wird?
(Interview: Harry Ziegler)