Die Chriesiglocken läuten wieder

Brauchtum & Geschichte

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Am Ägerer Chriesitag wurde am Samstag das Zuger Vorzeigesteinobst zelebriert – ob gebrannt, gebacken oder gespuckt. Die Chriesibauern sind überaus zufrieden mit der diesjährigen Ernte.

Unterägeri – Am Samstag läuteten in Ober- und Unterägeri wieder die Chriesiglocken. Die knapp 1,5-Tonnenschwere Glocke, die in Oberägeri sonst nur bei Blitzschlag und Unwetter bimmelt, läutete im 18.Jahrhundert die Chriesiernte ein. Vorgestern rief sie den neunten Ägerer Chriesitag aus.

Auf dem Gelände der ZVB an der Oberägerer Endhaltestelle der Buslinie 1 wurden Chriesisteine um die Wette gespuckt, Chriesischnaps versteigert, Chriesitörtchen verkauft, eine Schnapsbrennerei angeworfen und bei Musik und Wurst vom Grill das Zuger Vorzeigesteinobst zelebriert. «Chriesi anzubauen, kann man schon als Liebhaberzweig der Landwirtschaft bezeichnen», meint Franz Josef Wyss. Er hat selber Kirschbäume auf seinem Hof und ist Mitglied beim Verein «Ägeri Chriesi», der das Fest ausrichtete. «Besonders hier oben in Ägeri, wo wir auf über tausend Metern Höhe anbauen.» Da macht dem Bauern gerne mal der späte Frost im Frühjahr einen Strich durch den Kirschkuchen. So wie letztes Jahr, als die gefrorenen Blüten verwelkten und die Bäume kaum Früchte trugen. Auch die beiden Jahre zuvor waren schlecht für die Chriesibauern, erinnert sich Wyss. Eine Überpopulation an Essigfliegen verdarb die meisten Früchte noch am Baum. «Dieses Jahr haben wir aber eine ausserordentlich reiche Ernte», freut er sich.

Da stimmt auch der Präsident des Vereins Armin Ott zu: «Heuer haben wir die beste Ernte seit jeher. Von der Menge her, aber auch vom Geschmack.» So ein volles Aroma hätten die Ägerer Früchte noch nie gehabt. Das freut auch die wackeren Weit­spuckathleten. So wieKevin Gaupp, der mit 14,99 Metern am Samstag den Tagesrekord hielt.

Eine kleine Show-Destille auf dem Platz

Das reichliche Kirschangebot kommt auch dem Schnapsbrenner Renato Belleri von der Destillerie Seetal gelegen. Er und sein Kollege Klaus Hasler brachten ihre kleine Show-Destille auf den Platz. Eigentlich sollte das der Baarer Arnold Kaiser übernehmen.

Doch seine Maschine ist zurzeit in Reparatur. «Bei dieser grossen Ernte wird natürlich auch viel gebrannt», freut sich Belleri. Er und sein Team brennen aus Leidenschaft. «Vom Zeitaufwand her liegt das im Hobbybereich, doch wir liefern Qualität wie vom Profi», meint er stolz.

Versteigert wurde der Schnaps, der letztes Jahr in der Show-Destille gebrannt wurde. «Aus steuerlichen Gründen konnten wir dieses letzte Jahr nicht direkt verkaufen», erzählt Ott. Auch er ist mit Herzblut Chriesibauer. «Das habe ich von meinem Vater.» Dieser war Baumliebhaber. «Die Bäume galten ihm mehr als das Vieh.» So stehen heute rund 200 Hochstammbäume auf seinem Hof. Mit seiner Weiterbildung zum Baumwärter zieht er nun jährlich von Unterägeri bis Morgarten und pflegt die Bäume. (Wolfgang Meyer)