Zwei Schwestern haben gemeinsame Tochter und fatale Schuld

Literatur & Gesellschaft

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Die Zugerin Martina Meienberg erzählt in ihrem Debütroman von zwei Schwestern auf einer Schiffsreise. Können sie sich versöhnen?

Zug – Die Schwestern könnten kaum unterschiedlicher sein: Iris ist die pflichtbewusste Schafferin, die darum auch das Café ihrer Eltern weiterführt. Die exaltierte Gabriela hat ihren Traum realisiert und ist eine erfolgreiche Bildhauerin geworden. Beide in ihren 50ern, treten sie nun eine gemeinsame Schiffsreise von Hamburg nach New York an. Wollen sie sich auf dieser Reise miteinander versöhnen? Passiert ist so vieles. Und wirklich freiwillig sind sie nicht auf dem Schiff. Die Reise war der Wunsch ihrer gemeinsamen und inzwischen verstorbenen Tochter Lea. Gemeinsam, weil Gabriela als leibliche Mutter Lea seinerzeit einfach bei Iris abgeliefert und zur Pflege überlassen hat, um ungehindert Karriere und Freiheit zu frönen. Und verstorben, weil Lea bei einem Autounfall ums Leben kam, bei dem Iris beteiligt war.

Fatale Entscheidungen und tragische Zufälle
Die fatalen Verstrickungen, die zum Tod Leas führten, enthüllt der Roman erst nach und nach. Woraus er auch seine Spannung bezieht. Eine besondere Rolle spielt dabei etwa der Mann, mit dem beide Schwestern nacheinander verheiratet waren. Die Verbindung von problematischen Entscheidungen und tragischen Zufällen erinnert an Max Frisch. Diesen Bezug macht die Autorin transparent, indem sie etwa den Roman «Homo Faber» explizit in die Handlung einbaut. Ein anderer Aspekt ist, wie die Vergangenheit einer Familie über Generationen hinweg prägend und sich dadurch gewisse Dinge fast schicksalhaft wiederholen.
Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus Sicht der beiden Schwestern. Iris führt Buch über die gemeinsame Schiffsreise. Gabriela schreibt Tagebucheinträge an die verstorbene Tochter. Beide blicken immer wieder auch in die Vergangenheit zurück, mit sehr unterschiedlichen Interpretationen. Anspruchsvoll ist, dass die Tagebucheinträge vor der Schiffsreise geschrieben worden, die beide Handlungsstränge also nicht synchron sind. Trotzdem enthüllen sie zusammen nach und nach das Gesamtbild. Zentrale Wahrheiten kommen aber erst auf der Schiffsreise selber ans Tageslicht. Führen sie zum endgültigen Bruch der Schwestern? Oder gibt es so etwas wie eine Versöhnung?
Martina Meienberg (44), die in Steinhausen lebt, an der Pädagogischen Hochschule Zürich sowie als redaktionelle Mitarbeiterin bei SRF arbeitet, hat ihren Erstling beim kleinen, aber feinen Luzerner Verlag Edition Bücherlese publiziert, der praktisch ein Garant für Qualität ist. Tatsächlich überzeugt der Roman mit seiner Story, seiner Dramaturgie und seiner sprachlichen Präzision. Vor allem aber mit den beiden Hauptfiguren. Ihre Charaktere mitsamt ihren menschlichen Stärken und Fehlern treten sehr plastisch und berührend heraus. (Text von Arno Renggli)

Hinweis Martina Meienberg:«Und dazwischen ein Ozean». Edition Bücherlese, 210 Seiten, 29 Franken.