Ein Schlüsseljahr für die Schifffahrt

Brauchtum & Geschichte

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Wegen Konkurrenz durch die Eisenbahn wurde 1897 die Zugersee-Schifffahrt eingestellt. Es brauchte neue Ideen.

  • Das Schiff Stadt Zug und im Hintergrund die Rigi. (Bild Sammlung Albert Ziegler, Nidau)
    Das Schiff Stadt Zug und im Hintergrund die Rigi. (Bild Sammlung Albert Ziegler, Nidau)

Zug – Von 1870 bis zum Jahr 1897 betrieb die Dampfschiffgesellschaft für den Vierwaldstättersee (DGV) die Schifffahrt auf dem Zugersee. Dann aber war Schluss. Die DGV zog durch, was sie bereits angekündigt hatte, und stellte die Schifffahrt auf dem Zugersee ein. Etwas, was bereits für das Jahr 1893 geplant gewesen war, aber auf starken Widerstand stiess. Weshalb die Verantwortlichen der DGV den Entscheid bis 1897 hinauszögerten. Die Neueröffnung der Bahnstrecke Zürich-Thalwil-Zug-Walchwil-Goldau und der damit verbundene Bedeutungsverlust der Schifffahrt als Zubringer erleichterten der DGV den Entscheid sicherlich.

Die Dampfschiffgesellschaft für den Vierwaldstättersee liess denn auch das Prunkstück der Schifffahrt auf dem Zugersee, die «Helvetia» – einen Salondampfer mit Platz für 500 Personen –, auf den Vierwaldstättersee überführen.

Neugründung mit einem Schiff

Bereits fünf Monate, nachdem die Schifffahrt vom Zugersee verschwunden war, am 18. Mai 1897, wurde die neue Dampfschifffahrtsgesellschaft für den Zugersee (DGZ) gegründet. Dies auf Initiative der Stadt Zug. Zusammen mit zwei Vertretern der Ufergemeinden und zweien der Stadt versuchte eine Kommission, den stillgelegten Dampfer «Stadt Zug» zu mieten. Stattdessen bot die Besitzerin, die DGV, das Schiff zum Kauf an. Inklusive Inventar, Landungsbrücken und Kohlenhütte auf dem Schützenplatz. Kostenpunkt: 20000 Franken. Die neugegründete DGZ nahm das Angebot an.

Am 20. Juni 1897 begann – nach Verzögerungen wegen Reparaturen – die neue Schifffahrt auf dem Zugersee. Täglich fuhr die «Stadt Zug» dreimal nach Arth und zurück. Samstags und sonntags gab es zusätzlich einen Kurs frühmorgens.

Fuhren 1896 noch fast 88000 Passagiere mit dem Schiff über den See, waren es 1897 gerade noch 23000 Personen sowie 174 Stück Hornvieh und 358 Stück Schmalvieh. Die meisten Frequenzen verzeichnete Zug, gefolgt von Immensee, Arth und Walchwil. Zu wenig, um rentabel zu sein. Schnell wurde den Verantwortlichen der DGZ klar, dass die Schifffahrt neu definiert werden musste.

Bislang als Transportmittel eingesetzt, stand die Transformation in das sogenannte «ideelle Reisen» bevor. Das bedeutete, dass nicht mehr die Fahrt von A nach B im Vordergrund stand- dafür gab es die Eisenbahn – sondern das Erlebnis Schifffahrt. Und es schien zu funktionieren. An schönen Tagen zumindest. Es kamen im Laufe der Zeit auch Rundreisebillette hinzu, die dem neuen Zeitgeist entsprachen. Deshalb sollte ein weiteres, kleineres Schiff die bald schrottreife «Stadt Zug» ergänzen.

Nur: Zu finanzieren war eine solche Anschaffung nicht. Deshalb stand bald einmal auch die Totalliquidation der DGZ zur Debatte. Das allerdings verhinderten die Aktionäre. Sie gingen auf Betteltour und fragten bei den Anliegergemeinden um Subventionen nach. Erfolgreich, wie sich zeigte. Zum ersten Mal flossen 1900 4660 Franken von Behörden in die DGZ-Kasse. Gekauft wurde der Halbsalon-Schraubendampfer Rigi mit 200 Plätzen. Zwar konnte das Schiff wegen Kohlemangels nur sonntags auslaufen; dann aber war es so belegt, dass öfters zweimal mit 500 Personen gefahren wurde.

Die «Stadt Zug» war mittlerweile derart reparaturbedürftig, dass sie nach Basel verkauft wurde. Von dort wurde der Dampfer später an den Vierwaldstättersee verkauft, wo er als Schlepper gebraucht und schliesslich abgewrackt wurde. Nach dem Krieg wollte die DGZ expandieren und suchte ein kleines Schiff als Ergänzung zur «Rigi» zu kaufen. DGZ-Verwaltungsrat und Schmiedemeister Josef Peter Schwerzmann konnte 1920 das 70-plätzige Motorboot Dornröschen in Berlin-Wannsee kaufen. Allerdings stellte sich heraus, dass eine Konzession für das Boot ohne teure Umbauten nicht zu bekommen war. Die DGZ liess Schwerzmann also auf seiner «Dornröschen» sitzen und kaufte stattdessen das Motorschiff Schwan. Da Schwerzmanns Boot keine Konzession besass, konnte er damit nur Rund- und Gesellschaftsfahrten anbieten. Was er mit seinen Söhnen auch tat.

Millionenbeitrag für neue Schiffe

In den Zwischenkriegsjahren boomte das Geschäft mit der Schifffahrt auf dem Zugersee. Zwischen 1925 und 1935 wies die DGZ nur positive Betriebsergebnisse aus. Die mittlerweile drei Schiffe auf dem Zugersee mussten aber auch aushelfen. 1934 nach einer Hochwasserkatastrophe standen Gleise und Strassen unter Wasser und die Schiffe «Schwan» und «Rigi» sowie die private «Dornröschen» waren pausenlos im Einsatz.

Nach und nach verlor die Schifffahrt auf dem Zugersee an Gewicht – gemessen am starken Bevölkerungswachstum. Die Frequenzen stiegen nur marginal. Der grosse Sprung gelang, als 1978 die Schiffe «Zug» und «Schwyz» die nur schönwettertauglichen «Rigi» und «Schwan» ablösten. Auch wenn der Kantonsbeitrag von 4,5 Millionen Franken an die neuen Schiffe umstritten war, das Volk sagte in einer Abstimmung im Verhältnis 2 zu 1 Ja dazu. Die «Rigi» wurde abgewrackt, die «Schwan» verkauft. Mit den neuen Schiffen stiegen auch die Frequenzen stark an. So stark, dass 1992 das Zwei-Deck-Schiff Rigi – das dritte mit diesem Namen – mit 250 Plätzen angeschafft werden musste. (Harry Ziegler)

Hinweis
In dieser Serie werden Geschichten des Zuger Tourismus vorgestellt. Hier lesen Sie über «Leinen los für die Dampfer». Quelle: «Sonne, Molke, Parfümwolke». Text: Michael van Orsouw, 1997.