Dok-Film rückt Ägerital in den Fokus

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Ein gekonnt gemachter Dokumentarfilm zeigt, wie schnell sich das Ägerital gewandelt hat. Der Film poltert nicht, sondern lässt Menschen und Bilder sprechen.

  • Die Crew während Aufnahmen mit der Protagonistin Andrea Iten aus Oberägeri. (Bild PD)
    Die Crew während Aufnahmen mit der Protagonistin Andrea Iten aus Oberägeri. (Bild PD)

Unterägeri – Die erste Einstellung des Schweizer Dokumentarfilms «Wo Kinder spielten – Vermächtnis und Verantwortung, eine Talgeschichte» ist atemberaubend. Sie zeigt den fast gänzlich im Schatten der Berge versunkenen Ägerisee mit einem schemenhaft sichtbaren Boot und dem perfekten Sonnenaufgang.

Claudia Steiner, die Regisseurin des Dokumentarfilms, musste verschiedene Chargen ihrer Produktion selber übernehmen. Sie arbeitete nur mit einem kleinen Team: «Wir Filmemacher sehnen uns bei einem Projekt immer nach der kreativen Arbeit.» Beim Ägerital-Projekt habe sie dann aber sehr viel Energie für anderes aufwenden müssen. Matchentscheidend war die Finanzierung des Projekts. Das Schweizer Fernsehen (SRF) liess, so Steiner, ausrichten, «dass der Film zu lokal sei». Dieses Argument kramte dann SRF jedoch nicht hervor, als es um einen Dokumentarfilm über das Flössen im Ägerital ging. Dieses war auf dem Staatssender zu sehen.

Herausforderung waren die Produktionsmittel

Beim Bund wie der regionalen Filmförderung blitzte die Schwyzer Filmemacherin ebenso ab. Hier hiess es unter anderem, «dass der Film zu regional» sei. Das Nein der Innerschweizer Filmfachgruppe (IFFG) zur Dokumentation bedeutete für Steiners Projekt dann, keinen Support durch den Kanton Zug. «Die Förderung beim Film ist sehr strikt, und der Kanton Zug hat da keinen Spielraum.» Die Absagen kann die gebürtige Schwyzer Regisseurin und Wahlluzernerin aber trotzdem nicht ganz nachvollziehen. Ja, der Film sei im Ägerital entstanden, aber die Dokumentation «handelt jedoch von Themen, die uns alle etwas angehen». Wo andere längst aufgegeben hätten, kämpfte Claudia Steiner mit Herzblut weiter. Sie beackerte weitere Finanzierungsquellen und setzte in der letzten Konsequenz auf Crowdfunding. Steiner hatte ursprünglich mit Produktionskosten von rund 180 000 Franken gerechnet, musste aber letztendlich mit 90 000 Franken haushalten. Das Rohmaterial war in zehn Tagen beisammen. Für die Produktion einer Dokumentation von 90 Min. Länge sei, so Steiner, normalerweise mit mindestens 20 Drehtagen zu rechnen. Ihre Dokumentation sei deshalb ein Produkt des «effizienten» Filmens.

Die Mitwirkenden taten der Dokumentation gut

Das knappe Budget wie auch die Verzögerungen durch die Pandemie haben dem Endprodukt in keiner Weise geschadet. Die rund 75 Minuten lange Produktion dreht sich auch um die Verwandlung einer Landschaft. Das Ägerital passte als Kulisse.

Die Aussage des Filmes «Wo die Kinder spielten» ist global. Es gibt da zum Beispiel die Bilder, die von einem Boot aus von Unter- wie auch Oberägeri entstanden sind. Das Häusermeer ist beliebig austauschbar.

Die von Claudia Steiner wausgewählten Auskunftspersonen spielen sich auch nicht unnatürlich in den Vordergrund. Der Unterägerer Fridolin Bossard zeigt sogar beim Besuch des Morgartendenkmals seine schauspielerische Ader und seine Geschichtskompetenz. Die Klammer für Steiners Dokumentation: das Ägerital als Luftkurort. In der Dokumentation ist die Rede von 30 Heimen, in denen früher Kinder mit Atemwegproblemen in Behandlung waren. Das Regime war oftmals drakonisch. So ein Kurkind: «Für mich war es sehr hart im Heimeli. Die Klosterfrauen waren streng. Sogar die Briefe wurden zensiert.»

In einer anderen Einstellung ist von einem Kind die Rede, das sich beschwerte, dass es zwei Jahre lang alleine im Heim war. Noch wenige dieser Institutionen sind erhalten, die meisten hat der Bauboom im Tal weggeputzt. Alles in allem ist die Dokumentation «Wo die Kinder spielten» ein durchwegs geglücktes Werk. Der Film ist auch klischeefrei und zeigt nicht eine Welt, die schon lange untergegangen ist. Die Schnittfolgen sind gut gewählt. Menschen stehen im Mittelpunkt und keine Kühe. Was Steiner zu ihrem Dok-Film auch noch erwähnt haben will: «Ich bin beeindruckt vom entgegengebrachten Vertrauen. Keiner der Mitwirkenden und Protagonisten hat den Film bisher gesehen.» Es gibt viele Lebenswirklichkeiten, welche Steiners Dokumentarfilm zeigt. Ein jeder wähle die für ihn Passende. (Text von Marco Morosoli)

Hinweis
Der Dokumentarfilm «Wo Kinder spielten – Vermächtnis und Verantwortung, eine Talgeschichte» am, 27. September, 20 Uhr, Kino Seehof Zug (Reservation empfohlen), und am, 29. September, in der Ägerihalle, in Unterägeri (Türöffnung/Abendkasse: 19.30 Uhr). Infos auf: docfilm.ch/wokinderspielten.html