Die sanfte Erneuerung eines Zuger Baudenkmals

Kunst & Baukultur

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Die historische Untermüli wird derzeit renoviert. Im kommenden Frühjahr wird der wertvolle Zeitzeuge Teil des Industriepfades Stadt Zug – auf Initiative seines umsichtigen Besitzers.

  • Eingerüstet für eine Auffrischung: die über 120 Jahre alte Untermüli in Zug. (Bild Stefan Kaiser)
    Eingerüstet für eine Auffrischung: die über 120 Jahre alte Untermüli in Zug. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Mit dem Industriepfad Lorze hat der gleichnamige Verein anno 1994 ein aufwendiges Projekt umgesetzt, das Geschichtsinteressierten auf einer Gesamtlänge von 30 Kilometern historische Objekte näherbringt, welche die jüngere Geschichte des Kantons Zug massgeblich geprägt haben. Rund 70 aufschlussreiche Infotafeln erklären anschaulich die Bedeutung von Bauten mit industriellem Hintergrund.

Der separat aufgeführte Industriepfad Stadt Zug versteht sich als Zubringer zum Industriepfad Lorze. Er ist 2008/09 vom Stadtarchiv Zug nach demselben Konzept gestaltet worden und umfasst aktuell zehn Objekte und Schautafeln. Er ist ein offen konzipiertes Kulturprojekt und wird in losen Zeitabständen um weitere historisch bedeutende Objekte ergänzt. Eines davon ist die Untermüli, welche voraussichtlich ab kommendem Frühjahr zum Industriepfad Stadt Zug gehören wird. Seit einiger Zeit ist der stattliche, an die nordische Backsteingotik anlehnende Bau aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert in ein Baugerüst gehüllt. Auf Initiative des Eigentümers Hans Voorgang wird der Gebäudekomplex einer sanften Renovation unterzogen. Ein wichtiger Schritt dabei ist – neben diversen weiteren Massnahmen – der Ersatz des acrylhaltigen Verputzes durch einen rein mineralischen Verputz, der für historische Mauerwerke geeignet ist.

Hans Voorgang ist bekannt für seinen sehr umsichtigen Umgang mit historischen Bauten. So hat er die Renovation der denkmalgeschützten Untermüli denn auch in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege geplant. Es war auch Hans Voorgangs Wunsch, dass die Untermüli in den Industriepfad Stadt Zug aufgenommen wird. Die Kunsthistorikerin Brigitte Moser, Fachfrau für historische Bauten und Mieterin eines Büros in der Untermüli, wird den Inhalt der Infotafel erarbeiten. Sie begrüsst das Projekt: «Das Gebäude ist von immenser bauhistorischer Bedeutung für Zug und einer angemessenen Darstellung würdig.»

Einst Getreidemühle, heute Raum für Kulturschaffende

Der Bau der Untermüli erfolgte, kurz nachdem 1897 die neue Eisenbahnlinie Zürich–Thalwil–Zug–Arth-Goldau in Betrieb genommen worden war. Dies auf Initiative des Zuger Müllermeisters und Unternehmers Johann Michael Stadlin (1845–1909). Es war schweizweit erst die zweite vollautomatische Mühle, was Stadlin zu einem Vorreiter für den Kanton Zug machte. Den Strom für den Betrieb lieferte das Kraftwerk Lorze. Nachdem die Mühle 1929 ihren Betrieb eingestellt hatte, bezog die Firma Orris Fettwerk AG das Gebäude und stellte hier Margarine her. Ein altes Firmenschild an der Stirnseite des Gebäudes erinnert noch immer daran.

Heute sind die Räume der Untermüli hauptsächlich an Leute und Kleinunternehmen vermietet, die in Kulturbereichen ­tätig sind. «Das war und ist der Gesinnung des Eigentümers zu verdanken», weiss Brigitte Moser aus erster Hand. Und das macht den prominenten L-förmigen, weitgehend im Originalzustand erhaltenen Bau mit seinen charakteristischen Giebeln zu dem, was er ist: ein wertvoller architektonischer Zeitzeuge der Zuger Industriegeschichte mit einer neuen, nachhaltigen Funktion. (Andreas Faessler)