«So stelle ich mir Ländler vor»
Musik
Mit seiner ersten eigenen CD legt Julian von Flüe Zeugnis seines Talents ab. Das neue Jahr bringt ihm zudem ein besonderes Engagement.
Hünenberg – Noten braucht er keine, ihm reicht sein Gehör. Wenn Julian von Flüe Tänze und Lieder komponiert, so kann er sich ganz auf seine Sinne verlassen. Der junge, weitgehend autodidaktisch lernende Akkordeonvirtuose aus Hünenberg ist so sattelfest in der traditionellen Schweizer Ländlermusik wie auch im Countryrock und den Feinheiten der Oberkrainer. Dass er diese Sparten am liebsten unter einen Hut bringt, dafür kennt man den 20-Jährigen bis über die Grenzen der Region hinaus. So kann man es gewissermassen als eine Art Selbstverwirklichung betrachten, dass von Flüe jetzt seine erste eigene Platte auf den Markt gebracht hat. «D’Bärge uf» legt sozusagen Zeugnis darüber ab, was in ihm steckt. Von den 13 Tänzen entspringen deren 12 sowohl in Musik als auch Text ganz seiner Feder. Das namensgebende Titelstück singt Julian von Flüe sogar selber. «Diese Musik ist genau mein Stil. So stelle ich mir Ländler vor. Neuartig eben», sagt er und wünscht sich eine grössere Verbreitung der Ländlermusik.
Mehr als Gute-Laune-Musik
Mehrere Liedtitel auf der CD sind von persönlichen Erlebnissen und Hintergründen inspiriert. Ob gesungen, gejodelt oder rein instrumental – einige der Polkas, Ländler, Walzer, Fox und Schottisch sind weit mehr als einfach nur Gute-Laune-Musik: An vielen Stellen brillieren die Arrangements mit so überraschenden Harmonien und Melodienfolgen, dass selbst der arrivierte Berufskomponist aufhorchen dürfte. Einmal schwelgerisch, dann zum Tanze ladend, bald wieder von einer urigen Bodenständigkeit durchdrungen – so hat sich von Flüe auch bei der Anordnung der Lieder und Tänze einige Überlegungen gemacht.
Multiinstrumental
Julian von Flüe ist zufrieden mit dem Resultat. «Ich mags gerne einfach und rockig», sagt er bescheiden, macht aber keinen Hehl aus seinen hohen Ansprüchen an sich selbst, denn auch «einfache Musik» sei schliesslich besser, wenn man sie gut spiele. Die Stücke auf der CD sind auf die einzelnen Spuren heruntergebrochen aufgenommen. So konnte der multiinstrumentale Hünenberger neben der Akkordeon-Hauptstimme etwa auch die Bassspur und die Gitarre eigenhändig einspielen. Für die Gesangs- und Jodelparts – abgesehen vom Titellied – fand der Zuger bei der Jodlerfamilie Bieri aus Finsterwald eine freudige Bereitschaft zum Mitwirken.
Grosses Engagement
Doch kaum ist seine erste Scheibe auf dem Markt, hat Julian von Flüe bereits Musik für eine zweite in petto. Ihm ist es wichtig, dass er seine eigenen Projekte verwirklichen kann und dafür auch die nötige Zeit hat. Doch dies ist einfacher gesagt als getan, denn mittlerweile hat sich für den Hünenberger eine weitere Tür geöffnet, eine recht grosse Tür: Julian von Flüe ist vom Schweizer Mundart-Popmusiker Marc Trauffer für dessen Band engagiert worden, nachdem der bisherige Akkordeonist ausgetreten ist und ersetzt werden musste. Eine Gelegenheit, welche von Flüe mit Freuden am Schopf packte. «Mein Vorteil für dieses Engagement war, dass es tendenziell wenig ‹Örgeler› aus der folkloristischen Sparte gibt, die sich nicht nur auf Ländler spezialisieren, sondern auch im Rockabilly etwa sattelfest sind. Man muss sich damit genauso wohlfühlen. Das ist wichtig, und es ist ganz mein Ding.» Ab Mitte Februar ist Julian von Flüe mit der Trauffer-Band auf Club-Tournee quer durch die Schweiz – am 3. Juni im Doppelkonzert mit Andreas Gabalier in Zug.
Viel um die Ohren hat er also in naher Zukunft, zumal der 20-Jährige im Sommer auch noch seine Lehre als Autosattler abschliessen will. Voraussichtlich wird er sich danach aber erst mal Vollzeit seinen Musikprojekten widmen. Neben seinem vorläufigen Engagement in der Trauffer-Band und einer weiteren Platte liebäugelt von Flüe mit der Idee, mit seiner eigenen Musik unterwegs zu sein. «Wie ein eigenes, kleines Unternehmen. Das wäre cool», sagt er. (Andreas Faessler)
«d’Bärge uf», im Handel erhältlich oder unter www.julianvonfluee.ch