Voll romantisch mit unterschiedlichen Lebensdaten

Musik

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Der Chor Audite Nova unter der Leitung von Philipp Schmidlin trat vor kurzem gemeinsam mit dem Pianisten Sergey Tanin in der Zuger St. Johanneskirche auf.

  • Dirigent Philipp Schmidlin während des Konzerts. Bild: Jakob Ineichen (Zug, 25. 10. 2025)
    Dirigent Philipp Schmidlin während des Konzerts. Bild: Jakob Ineichen (Zug, 25. 10. 2025)

Zug – Ein Klangkörper aus ungefähr 60 Mitwirkenden präsentierte sich dem Publikum. Auch die noch kurze gemeinsame Arbeit mit dem Dirigenten Philipp Schmidlin hat vieles der langjährigen Dirigate von Paul Kälin und Johannes Meister weitergeführt: Tradition bildet die sorgfältige Einstudierung und Präsentation des Notentextes – scheinbar fast unabhängig vom Schwierigkeitsgrad.

Durch das ganze Programm wirkte die rhythmische und dynamische Gestaltung in sich homogen. Präzise und in ausgewogenem Klangverhältnis erschien auch die Balance zum Pianisten, welcher viel mehr als eine blosse Klavierbegleitung zu interpretieren hatte.

Ola Gjeilo: Wohl nur vereinzelte im Publikum und selbst unter den Mitwirkenden hat- ten vor der Aufführung Werke des 1978 geborenen norwegischen Komponisten gekannt. Sein kantatenartiges «Luminous Night» brachte gleichzeitig das Konzert-Motto und die Grundstimmung der ganzen Aufführung. Nach dem einleitenden Cellosolo (Miquel Garcia Ramon) folgten homogene Chorsätze, welche mit einigen harmoniefremden Anfangstönen in abgerundete klassische Strukturen mündeten.

Ein Werk mit grossem Potenzial

Die gesungenen Teile liessen erkennen, dass der Komponist viel davon versteht, was Chö-re gerne singen. Neben verschiedenen Zwischenspielen des Pianisten blieben die weiteren Streicher (Diana-Maria Turcu, Violine, und Tatia Zubova, Viola) meist auf die Begleitung beschränkt. Mit hoher kompositorischer Qualität und relativ moderaten aufführungstechnischen Schwierigkeiten dürfte das Werk die Möglichkeit haben, sich dauernd in der Chorliteratur zu behaupten. Aussergewöhnliches leistete der durch das ganze Programm ununterbrochen im Einsatz stehende Pianist Sergey Tanin, geboren 1995 in Jakutien (Ostsibirien), seit 2019 aber in Westeuropa lebend und dort musikalisch aktiv. Schon die einleitenden Werke von Johannes Brahms verlangten in den gewählten Tempi hohe Virtuosität und gleichzeitig sichere Präzision, was der Interpret in verschiedensten Tonarten und Ausdrucksbereichen souverän und mühelos leistete.

Es ging weiter über ein Solostück von Gabriel Fauré (Nocturne, Opus 33, Nr. 1) mit einer klaren Gliederung nach Exposition, Durchführung und Reprise bis zu den Begleitungen bei Heinrich von Herzogenberg (1843–1900) und Gabriel Rheinberger (1839–1901), beide zu Lebzeiten sehr berühmt, dann weitgehend vergessen, aber in jüngster Zeit wieder viel häufiger aufgegriffen.

Stets volle Anerkennung als Komposition fanden die «Zigeunerlieder», Opus 103, von Johannes Brahms, ursprünglich für vier Solostimmen konzipiert. Mit einem Minichor aus nur zwölf Mitwirkenden erklangen sie vor fast einem halben Jahrhundert in Zug unter der Leitung von Paul Kälin.

Trotz solider Vorbereitung und lebendiger Gestaltung erwies sich aber die Wiederga- be mit dem grossen Chor nicht als optimal. Die fast immer vom zahlenmässig schwach besetzten Tenor ausgehenden Themeneinsätze wurden von einer grösseren Zahl von Frauenstimmen unterstützt. Dies schuf zwar ein besseres klangliches Gleichgewicht, widersprach aber dem Sinn des Textes. Keine derartigen Probleme kannten die weiteren Kompositionen, die im Vorausgriff zu Ola Gjeilo überwiegend die Dunkelheit besangen. Abgerundete und in jeder Hin- sicht werkgerechte Wiedergaben erhielten die beiden ersten Brahms-Quartette aus Opus 92. Erst beim anschliessenden «Abendlied» wirkte die vorher stets sehr gute Intonation vorübergehend etwas verunsichert.

Nach kurzer Einsatzpause gelang für die beiden Nachtstücke von Herzogenberg und Rheinberger wieder die vorherige ausgewogene Klangkultur. Diese wurde auch mit der Zugabe weitergeführt: «Sure on this shining night» des 1943 geborenen und ebenfalls romantisch orientierten amerikanischen Chorkomponisten Morten Lauridsen. (Text: Jürg Röthlisberger)