Lärm oder Musik, das ist hier die Frage

Dies & Das

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In der 5. Jahreszeit beherrscht die Kakofonie die allgemeine Geräuschkulisse. Entweder man mag die Schmettertöne oder man hasst sie.

Zug – Nein, also «hassen» wäre ein allzu starkes Wort. Wenn eine eher kleine Guggenmusik mit Geschick und echter Freude ihre Künste im Freien darbietet, kann ich – natürlich trotzdem immer ausgerüstet mit Ohrstöpseln – durchaus ein wenig mitwippen. Oft ist das jedoch eher der Kälte geschuldet. Denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten der schrill gewandeten Formationen nach dem Prinzip «mehr ist mehr» vorgehen, was sich nicht nur auf die Anzahl Mitglieder und die Höhe der Dezibel bezieht, sondern auch auf die Menge schräger Töne und Anzahl Gläser Alkohol pro Abend. Mein Gehör, das sich ansonsten eher mit klassischer Musik oder aber der schlichten Stille umgibt, begehrt dagegen mit Schmerz und Tinnitus auf. Draussen geht’s gerade noch, drinnen hingegen finde ich es mörderisch. Wie viele Gehörschäden wohl aus Fasnachtsbällen und dergleichen hervorgehen? Für das bunte Treiben an sich habe ich durchaus Verständnis. Man soll einmal im Jahr so richtig die Sau rauslassen dürfen. Aber geht das nicht auch ein wenig leiser?

Eins jedoch gefällt mir: Ihre Kinder schützen junge Eltern in der Regel mit farbigen Pamir-Ohrdeckeln. Die sind nicht nur nützlich gegen Lärm und Kälte, sondern bilden auch das i-Tüpfelchen jedes coolen Fasnachtskostüms.

Höre ich den Song Narcotic von Liquido, ist es um mich geschehen. Dann bin ich sofort in Fasnachtsstimmung. Das kann auch mitten im Sommer sein. Das Lied ist untrennbar verbunden mit meiner ehemaligen Guggenmusik. Noch heute gehört der Evergreen zu ihrem Repertoire – und ich würde wohl auch immer noch die richtigen Töne treffen.

Womit wir beim Thema sind: Tatsächlich geht es in einer Guggenmusik um mehr als einen lauten, möglichst schrägen Klang. Nein, den (meisten) Mitspielerinnen und Mitspielern ist es wichtig, dass das Dargebotene gefällt. So gab es während meiner Guggenmusik-Karriere unzählige Diskussionen darum, wie die Noten interpretiert werden. Ein verpatzter Auftritt konnte für grosse Aufregung sorgen – oder dafür, dass die ganze Gruppe zu einer «Mineral-Pause» verdonnert wurde.

Lärm, Krach, Radau, all das ist Teil der Fasnacht. Es geht darum, einmal nicht darüber nachdenken zu müssen, ob die laute Musik Einfluss auf das Gehör haben könnte, ob das nächste «Kaffee avec» für Schlaflosigkeit sorgt, oder was überhaupt morgen ist. Die Sau rauslassen, nennt es Kollegin Bisch. Ich sage: Den Moment geniessen, ganz darin aufgehen. Das geht nun mal am besten, wenn man mit voller Kraft in ein Horn bläst oder die Paukenschläger so beherzt schwingt, bis die Finger voller Blasen sind.

So manche grossartige Geschichte, die unter den Mitgliedern einer Guggenmusik über Generation weitergegeben wird, ist so entstanden. Auch wenn meine aktive Zeit schon ein Weilchen her ist, erinnere ich mich gerne daran zurück.

Es gibt allerdings etwas, das mein Herz – fasnachtstechnisch – noch höherschlagen lässt: die Ürner Chatzämüsig. Hier gehen noch viel mehr Töne daneben. Wahnsinnig schön ist es trotzdem. Ich bin mit dieser unverkennbaren Melodie aufgewachsen. Mit meiner Begeisterung für die Katzenmusik stehe ich allerdings meist alleine da – genau wie bei der Guggenmusik geht es eben eher um das, was damit verbunden wird und nicht um die (schrägen) Töne an sich.

Bisch gegen Rogenmoser

Cornelia Bisch cornelia.bisch@chmedia.ch

Carmen Rogenmoser carmen.rogenmoser@chmedia.ch