«Lorzengroove» in die Halle verlegt

Musik

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Für das geplante Freiluft-Konzert der Sommerklänge 2021 musste wetterbedingt kurzerhand eine überdachte Alternative gefunden werden. Diese Planänderung erwies sich geradezu als Glücksfall.

  • Das Trio Brein, Schmid & Gansch verzückte sein Publikum beim alten Lorzendelta. (Bild Jakob Ineichen)
    Das Trio Brein, Schmid & Gansch verzückte sein Publikum beim alten Lorzendelta. (Bild Jakob Ineichen)

Zug – Es hätte ein Konzert auf der freien Wiese werden sollen, doch angesichts der unberechenbaren Wetterkapriolen in den vergangenen Tagen war es nur folgerichtig, einen geeigneten Ort mit Dach zu suchen. Wie hätte das Publikum auch auf der zum Morast gewordenen Wiese beim alten Lorzendelta sitzen sollen ... Wie gut, dass die Veranstalter in der angrenzenden Schreinerei auf so grosses Wohlwollen gestossen sind, dass das «Lorzengroove»-Konzert kurzfristig in die dortige Werkhalle mitten in haushohe Holzstapel hat verlegt werden können.

«Jetzt haben wir eine typische Sommerklänge-Situation», sagte Mitgründer Peter Hoppe einleitend hinsichtlich dieses aussergewöhnlichen Konzertortes und liess das Publikum applaudieren an die Adresse des abwesenden Ermöglichers. Der Zuger Historiker und Geograf Benno Furrer führte in diesen besonderen Ort am Seeufer ein, wo die Lorze über Tausende von Jahren hinweg ihren Schutt aus dem Ägerital angeschwemmt hat und der von prähistorischen Pfahlbauern besiedelt war.

Im Zeichen des Crossover

Der Ausweich-Konzertort erwies sich sogleich als Glücksfall – er war akustisch bestens geeignet für das, was an diesem frühen Sonntagabend auf dem Programm stand. Vermutlich wären die klangliche Wirkung und somit das gesamte Konzerterlebnis unter freiem Himmel nicht vergleichbar gewesen. Auf der Bühne stand ein Trio erster Güte, zwei von ihnen waren bereits zum dritten Mal bei den Sommerklängen mit dabei: Der Geiger Benjamin Schmid und der Kontrabassist Georg Breinschmid arbeiten seit Jahren zusammen und sind ein entsprechend eingespieltes Team. Wenn sie nicht als Duo auftreten, holen sie sich jemand drittes dazu mit einem ebensolchen künstlerischen Rüstzeug. Diesmal war es der Startrompeter Thomas Gansch, wie die beiden anderen ein Österreicher durch und durch. Eine der Hauptstärken der drei: Klassische Spielweise, Jazz und freie Improvisation beherrschen sie gleichermassen auf höchster Ebene und führen sie meisterhaft zusammen.

So war denn auch gleich das Eröffnungsstück eine repräsentative Kostprobe dieser Art des Musizierens und gleichzeitig ein Gruss aus der Heimat des Trios Brein, Schmid & Gansch – eine eigenwillig-erfrischende Interpretation des Hauptthemas von Johann Strauss’ scherzhaftem Charakterstück «Perpetuum Mobile». Stilistisch blieben sich die drei durch das ganze Konzert hindurch treu, es stand fast von A bis Z im Zeichen des Crossover, sprich der Verschmelzung unterschiedlicher Musikstile miteinander. Selbst dem schwelgerischen Walzer aus Tschaikowskis Streicherserenade verpasste das Trio den treibenden Groove – ohne das Stück seiner klassischen Eleganz zu berauben.

Eigenkompositionen mit schalkhaften Titeln, Jazzstücke bekannter zeitgenössischer Komponisten und freie Improvisationen über populäre Themen aus der Klassik wechselten sich ab, etwa eine reizende Interpretation von Maria Theresia von Paradis’ (1759–1824) «Sicilienne». Die Wiener Komponistin «rettete» Mozarts Stil ins 19. Jahrhundert hinüber. Für Vergnügen der Extraklasse sorgte ein überaus lebendig-turbulentes Arrangement über die Hauptthemen der Ouvertüre von Rossinis Oper «Wilhelm Tell». Den laut Thomas Gansch dabei eingesparten – wohl nicht ganz ernst zu nehmenden – Achtel störte wohl niemanden, es wirkte im mutmasslichen 7/8-Takt nicht minder herrlich.

Mit viel Witz und Schalk

Was das verzückte Publikum vor sich auf der Bühne hatte, war ein eingespieltes, perfekt aufeinander abgestimmtes Team mit Musikern von Weltrang, von dem jeder einzelne mit seinem Instrument eins war und das gemeinsame Musizieren richtiggehend lebte. Die offenbar grenzenlose Spielfreude der drei schwappte vom ersten Ton an aufs Publikum über, Spontanbeifall inmitten eines Stücks – etwa für ein brillantes Solo oder eine hinreissende Kadenz – wiederholte sich in diesen zwei Stunden mehrmals. Hinzu kam der glänzende, typisch österreichische Humor der drei. So frotzelten sie stets mit Vergnügen zur Belustigung des Publikums, dessen grosse Gunst im Gegenzug schliesslich mit zwei Zugaben verdankt wurde. (Andreas Faessler)

Hinweis
Das fünfte und letzte Konzert der Sommerklänge 2021 findet am 1.August um 17 Uhr in der Ägerihalle in Unterägeri statt.