Wie ein Narrenteufel zur Brauchtumsfigur wurde

Brauchtum & Geschichte

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Das Pop-up-Museum auf dem Bahnhofsplatz Baar weist bunt und fröhlich auf das Jubiläum der Räbefasnacht hin. Anlässlich einer Führung gab sich auch Plakettengestalter Martin Sutter die Ehre.

  • Plakettenkünstler Martin Sutter (mit Bart) und Sam Heller vom Verein Kunstpause. (Bild Matthias Jurt)
    Plakettenkünstler Martin Sutter (mit Bart) und Sam Heller vom Verein Kunstpause. (Bild Matthias Jurt)

Baar – Das eiskalte Winterwetter erinnerte zwar am Sonntag an die Fasnacht, doch die ist vorbei. Leider, werden sicher viele Leute in Baar denken, die sich von diesem Virus alljährlich gerne packen lassen. Daran erinnert die aktuelle Ausstellung in der Kunstkabine, die dem 75-Jahr-Jubiläum der Räbefasnacht gewidmet ist.

Darin fällt der fröhliche Räbegäuggel auf – umringt von schwebenden bunten Plaketten. Der untere Teil informiert über die Gründung der Räbefasnacht, welche Bedeutung die «Zentrale» hat, welche Rolle die Räbe oder Rübe spielt, und wer die Plaketten gestaltet hat. Die Ausstellung organisiert haben die Fachstelle Kultur der Gemeinde und der Verein Kunstpause Zug, die das Jubiläum würdigen. Am Sonntag fand vor Ort eine von Sam Heller, Kunstpause, geleitete Führung statt. Zuerst wollte sie von allen erfahren, was ihnen die Fasnacht bedeutet. Es stellte sich heraus, dass einige einen grossen Bezug dazu haben, wie etwa Gemeindepräsident Walter Lipp, alt Räbevater René Bigliotti oder der Plakettenkünstler Martin Sutter.

Räbefasnacht am 13. Februar 1947 gegründet

Wie Sam Heller erläuterte, geht die Fasnacht auf heidnische Bräuche zurück: «Sie hatte auch Jahrhunderte später ihre Bedeutung als Auftakt zur Fastenzeit.» Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hätten sich Geny und Annemarie Hotz und einige junge Kulturschaffende damals oft im «Kreuz» (der Zentrale) getroffen. «Sie wollten, statt dem bisherigen wilden Treiben, der Fasnacht Sinn, Form und Struktur verleihen, und gründeten am 13. Februar 1947 im Gasthaus zur Waage die Räbefasnacht. Die weisse Räbe hat damals in Baar eine wichtige Rolle gespielt. Sie ist auch gegessen worden, weswegen die Baarer als Räbe-Manne bezeichnet wurden.»

Das Symbol der Räbefasnacht ist der lachende Gäuggel. Sam Heller sagte schmunzelnd: «Er ist ein kleines, freundliches Wesen, aber auch ein kleiner Narrenteufel.» Die an einen «Grind» erinnernde Räbe inspirierte den Baarer Grafiker Geny Hotz (1917–2000) beim Entwurf für die Figur des Räbechüngs, für die Masken und Kostüme, sowie bis zu seinem Tod bei den Plaketten.

Fast jedes Jahr wird für die Fastnacht eine Plakette kreiert, ausser wenn sie ausfällt, wie 1957 beim Wirtestreit und 1966 bei der Maul- und Klauenseuche. Anfangs bildete der stilisierte Kopf des Räbechüngs ihr Motiv, in den folgenden Jahren wurde es farblich assortiert. René Bigliotti erinnerte sich: «In den Anfangsjahren wurden sogar die übrigen Plaketten für die Umzüge im folgenden Jahr einfach farbig umgespritzt.»

Seit 2001 gibt es mehrere Gestalter

Mit der Zeit wurden die Motive vielfältiger gestaltet, oft mit Gäuggeln, kombiniert mit Maskierten oder Musikern. Seit 2001 gibt es mehrere Gestalter. Der Grafiker Martin Sutter, der die Plaketten 2001 bis 2003 sowie 2007 entworfen hat, sagte bei der Führung: «Ich wollte Geny Hotz nicht nachmachen, sondern die Plakette ähnlich gestalten – mit eigenem Stil. Anhand eines Gipsabdruckes verdeutlichte er, wie sie damals entstanden sind – ohne Computer.

«Das Sujet des Räbechüngs wurde mit dem Messer und mit Schleifen herausgearbeitet und nachher produziert. Heute entstehen sie digital.» Sam Heller erwähnte zur künstlerischen Seite der Räbefasnacht, dass die Gestaltung der Plakette ihre Geschichte abrunde: «Es ist eine interessante und nachvollziehbare Entwicklung. Heute zählt die Räbefasnacht längst zum Brauchtum.» (Text von Monika Wegmann)

Hinweis
Die Ausstellung in der Kunstkabine Baar läuft bis am 13. Mai. Die nächste Führung mit Urs J. Knobel findet am 1. Mai um 14 Uhr statt: Treffpunkt ist der Brunnen beim Martinspark. Der Anlass ist kostenlos. Das 75-Jahr-Jubiläum der Räbefasnacht wird am 17. September gefeiert.