Eine künstlerische Form der Stadtforschung
Kunst & Baukultur
«Zuger Ansichten»: Zum Langzeitprojekt der Fotografin Regine Giesecke ist ein neuer Bildband erschienen. Architektur im Dialog verbildlicht Wandel und Transformation einer Stadt.
Zug – Seit über eineinhalb Jahrzehnten lebt und arbeitet die passionierte Berufsfotografin Regine Giesecke in Zug. Mit einem geschärften Auge für Architektur greift sie in ihrem Schaffen gezielt die Zuger Stadtbildentwicklung auf. Im Rahmen des Langzeitprojektes «Zuger Ansichten» richtet Regine Giesecke den Fokus auf den Dialog zwischen den Architekturen der Stadt und will den Wandel fotografisch dokumentieren – sie versteht ihre Arbeit als «künstlerische Form der Stadtforschung».
Nachdem die Architekturfotografin 2020 ihren ersten Bildband zu diesem Thema publiziert hat, legt sie nun das Nachfolgewerk vor. Der Bildband umfasst eine sorgfältige Auswahl an vertrauten, wie auch unerwarteten und überraschenden Ansichten der Stadt Zug. Manche setzen unscheinbare Winkel und Ecken in ein neues Licht, stellen sie in einen weiteren Kontext, andere zeigen ikonische Gebäude im Zwiegespräch mit ihrer unmittelbaren Umgebung. Themengebiete wie Verdichtung und Transformation, aber auch Widersprüchlichkeiten innerhalb einer Stadtentwicklung, wie Zug sie erfährt und wie sie exemplarisch für alle Städte sind, rückt die Fotografin ins Bild.
Aspekte der Architektur werden erfahrbar
Es sind die vielfältigen Gesichter des Urbanen, die uns tagtäglich begegnen. Regine Giesecke lenkt die Aufmerksamkeit in ihren Bildern auf das vermeintlich Unspektakuläre und regt dazu an, die Stadt als Lebensraum neu zu betrachten. Wichtiger Bestandteil des Buchinhaltes sind Bildpaare als visuelle Dialoge. «Jedes Bild antwortet dem anderen – durch Kontrast, Echo oder das Wechselspiel von Form, Farbe und Perspektive», führt die Fotografin dazu aus. «Verschiedene Facetten eines Ortes verdichten sich zu klei-nen Geschichten, die Momente, Strukturen und Zusammenhänge zugleich erfahrbar machen.»
In einer weiteren Rubrik widmet sich die Fotografin mit quadratischen Bildern den vielfältigen Erdgeschossnutzungen von Häusern, vornehmlich in der Altstadt. Hier erschliesst sich dem Betrachter ein historischer Blickwinkel der etwas anderen Art.
Angereichert ist das Buch mit Textbeiträgen der Fotografin selbst, von Architekt und Publizist Benedikt Loderer sowie von Regula Iseli, Professorin an der ZHAW, Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen. Für einen poetischen Touch sorgt eine Auswahl an Gedichten zur Wirkung von Stadträumen. «Diese fassen in Worte, was ich mit meinen Bildern ausdrücken will», sagt Regine Giesecke.
«Architektur geht uns alle an»
«Zuger Ansichten 2025» ist am Mittwoch in der Shedhalle in Zug im Rahmen einer Ausstellung mit Bildern aus dem Buch der Öffentlichkeit präsentiert worden. Würdigende Worte zu Regine Gieseckes Projekt kamen dabei von Kunsthistoriker Hubertus Adam, Chefredakteur der «archithese». Für ihn steht fest: «Architektur geht uns alle an.» Und Regine Giesecke mache sie gezielt sichtbar mit dieser Langzeitstudie, welche die Veränderungen in Zug anschaulich dokumentiere.
«Die Bilder in ‹Zuger Ansichten› wollen nicht beschönigen, genauso wie sie nicht denunzieren wollen. Was sie tun: Sie dokumentieren», fuhr Adam fort. Es handle sich bewusst nicht um klassische Architekturfotografie, auch wenn die Bilder wohl komponiert seien. «Sie zeigen die Stadt aus der Perspektive der Passanten und sind geprägt von einer homogenen Lichtstimmung – neutral, nicht anekdotisch.»
Hinweis«Zuger Ansichten», ab sofort im Buchhandel erhältlich. Ausstellung in der Shedhalle Zug noch bis und mit 30. November, jeweils 14 bis 18 Uhr.
(Text: Andreas Faessler)
