Bis Mitternacht Kultur geniessen

Kunst & Baukultur

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Die 8. Zuger Kunstnacht bot in Zug, Baar, Cham und Hünenberg erlebnisreiche Stunden.

  • Im Uhrzeigersinn: Das Kunsthaus Zug, die Galerie Billing Bild in Baar mit dem Konzert von Jasmin Lötscher, das Museum Sonnenberg in Baar und die Galerie Renggli in Zug. (Bilder Matthias Jurt)
    Im Uhrzeigersinn: Das Kunsthaus Zug, die Galerie Billing Bild in Baar mit dem Konzert von Jasmin Lötscher, das Museum Sonnenberg in Baar und die Galerie Renggli in Zug. (Bilder Matthias Jurt)

Zug – Der Mut der Organisatoren wurde letzten Samstag belohnt. Überall war die Freude spürbar, dass, trotz der schwierigen Situation mit dem Coronavirus, die Kunstnacht durchgeführt und so der Zweijahresrhythmus eingehalten werden konnte. In Zug, Baar, Cham und Hünenberg kamen zwischen 17 und 24 Uhr viele Besucher, die den Kunstgenuss und die lockere Atmosphäre schätzten und dank des lauen Spätsommerabends von Ort zu Ort flanierten. In vier Museen, sechs Galerien, drei Kulturhäusern und drei Kunstprojekten in Zug, Baar, Cham und Hünenberg fanden Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und Performances statt. Die Besucher konnten gratis und ohne Zeitdruck kulturelle Happen auswählen und vielen Kulturschaffenden begegnen. Wir haben einige der 16 Orte besucht.

Und es verwunderte nicht, dass Corona auch manchen Künstler zu einer Auseinandersetzung inspirierte: Im Atelier von Elso Schiavo in Hünenberg konnten die Besucher ihre Masken selber gestalten. Brigitte Moser hatte die Zeit des erzwungenen Stillsitzens als Ausgangspunkt für neue Werke genommen und für die Ausstellung im Atelier 63 eine C-Haar-Serie mit diversen Materialien gestaltet. Hier zeigt auch Rafael Casaulta seine «Influenca-Prints», wo er unter anderem humorvoll fragt: «Gilt das Berufsverbot auch für Hobbykünstler?».

Jubiläum mit Sonderausstellung

Am Samstag feierte das Atelier 63 an der Hofstrasse 15 in Zug das 10-jährige Bestehen mit der Eröffnung der einwöchigen, vielfältigen Ausstellung in der Shedhalle: Aktuelle und ehemalige Künstler zeigen bis 26. September einen Querschnitt ihres Schaffens. Bei der mit Musik und Performances umrahmten Vernissage war das Interesse gross, denn der Trägerverein leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und Ausbau der freien Kulturszene im Kanton. So wirkten die Künstler in den letzten Jahren beispielsweise bei der Kunstpause, dem Rock the Docks Festival, Illuminate Festival, Silo Festival, der Galvanik und der Industrie 45 mit. Schon jetzt darf man sich auf die Finissage freuen. Es ist eine Kunstversteigerung geplant, bei der es laut Sam Heller mehr um Spass als ums grosse Geld geht. Unter den vielen Besuchern war auch Erna Odermatt aus Unterägeri, die begeistert sagte: «Ich habe Kunsthunger und finde die Kunstnacht spannend.»

Selbst das Museum für Urgeschichte hielt eine eintägige Überraschung bereit: Die Sonderausstellung in der Eingangshalle wurde ausgeräumt und dafür eine Beiz eingerichtet. Aber der Höhepunkt war hier die fantastische Licht- und Videoinstallation an zwei Eingangswänden. Das Team frölicher/bietenhader und Dorothea Spörri hat Fotos von Fragmenten der Sammlung mit Videoprojektionen vermischt und die Wände bespielt, sodass sich für einmal Alt und Neu faszinierend verbanden.

Die Ausleihen einmal anders

In der Bibliothek Zug stand an diesem Abend nicht das literarische Schaffen im Vordergrund, sondern die Kunst. Die Pop-Up Art Library wurde inmitten eines grossen Publikums eröffnet. Hier konnte man Kunstwerke für ein halbes Jahr ausleihen. Die sechs beteiligten Künstler Brigit Weiss, Miao Li, Ana Azpeitia, Maria Bettina Cogliatti und Patricia Jacomella Bonola sowie ihre ausgewählten Werke wurden von Jaqueline Falk, Leiterin Kultur der Stadt Zug, vorgestellt. Schon bald waren sie in Gespräche mit Interessierten vertieft. Bernadette Muff wollte zwar kein Bild leihen, fand jedoch die Idee des Projektes lustig: «Pop Art ist immer gut. Mit dem Projekt kann man auch jungen Künstlern eine Plattform bieten.»

Das Rudel Wölfe im Eingang der Galerie von Carla Renggli hatte nicht abgeschreckt, im Gegenteil. Der Andrang zur Führung durch die Ausstellung «Trophäen» von Rochus Lussi, Bildhauer und Innerschweizer Kulturpreisträger 2019, die er selber übernahm, war so gross, dass er draussen virtuell über seine Werke sprechen musste. Später konnten die Besucher in kleinen Gruppen die mit der Kettensäge geschaffenen Arbeiten, die er farblich fast naturnah bemalt, näher besichtigen. Susan Hotz sagte: «Die Kunstnacht ist toll. Und das Rahmenprogramm ist das Lebendige daran.» Strahlend verfolgte auch die Galeristin das Geschehen und fand: «Vielleicht sind die Leute dankbar, dass etwas angeboten wird, was nicht verpflichtet. Man kann einfach herumschlendern.»

Von den 16 Orten der Zuger Kunstnacht befanden sich vier in Baar. Hier flanierten die Besucher zwischen dem neu gestalteten Museum Sonnenberg an der Weststrasse 3, das sich der Entwicklung der Blindenpädagogik widmet, dem Kunstkiosk mit Collagen und Musik, dem Schwesternhaus, das elf Biografien präsentiert, und der Galerie Billing Bild hin und her. Gert Billing, der zu den Organisatoren des Anlasses gehört, zeigt derzeit die Ausstellung «Contemporary Art Stuff» mit Werken von zeitgenössischen Künstlern, ergänzt mit afrikanischen Objekten. Dazu passten die Jazzkompositionen der Zuger Musikerin Jasmin Lötscher, die etliche Zuhörer, darunter auch Gemeindepräsident Walter Lipp, anlockten.

Pause, um über Kunst zu sinnieren

Und was ist überhaupt mit der Kunstpause? Laura Hürlimann vom siebenköpfigen Team sagte in der Shedhalle: «Wir gestalten Aktionen im öffentlichen Raum. Vom letzten Montag bis morgen stehen an gewissen Standorten Plakate mit Zitaten über die Kunst. «So werden wir angeregt, uns inmitten des Alltags eine Pause zu gönnen, um nachzudenken, was Kunst bedeutet.» (Monika Wegmann)