Auf den Spuren eines Verdammten
Film & Multimedia, Brauchtum & Geschichte
Geister und Unghüür treiben im Kanton Zug ihr Unwesen. Eines davon ist der Bannhölzler. Ein Zuger Filmemacher ist der unheimlichen Geschichte nachgegangen. Was hat es mit dem sagenhaften Gespenst auf sich?
Zug – Zwei junge abenteuerlustige Männer finden nachts in einer einsamen, verlassenen Hütte im Wald Seltsames vor: im Kreis angeordnete Kerzen, tote Mäuse in einem Glas und ein geheimnisvolles Pentagramm. Und dann Schritte vor der Hütte im Schnee, aber niemand ist da. Es klingt wie die Grundzutaten für Horrorklassiker der jüngeren Filmgeschichte – «The Blair Witch Project», «The Cabin in the Woods», «Evil Dead» oder «The Empty Man» bedienen sich genau solcher Muster, um ihre sinistren Geschichten darauf aufzubauen.
Was die beiden eingangs erwähnten Männer erleben, spielt sich jedoch an den Hängen des Rossbergs ab, in den Wäldern hinter dem Walchwilerberg. Später werden sie von einem Einheimischen erfahren: Sie haben wohl Bekanntschaft mit dem Bannhölzler gemacht, jenem sagenhaften Geist, welcher auf der Walchwiler Allmend sein Unwesen treibt. Dem Ungeheuer liegt die Legende zugrunde, bei der ein listiger Zuger unter Meineid ein rechtlich den Walchwilern gehörendes Grundstück sich zugunsten der Zuger angeeignet hatte und deshalb zur Strafe auf ewig hier oben büssen muss. Menschen, die das bösartige Unghüür herausfordern, begeben sich in höchste Gefahr.
Den Geist beschwören
Einer der beiden eingangs genannten jungen Männer ist der Filmemacher Daniel Zürcher. Fasziniert von der alten Zuger Sage, mit der er mutmasslich selbst auf schauderhafte Weise konfrontiert worden ist, macht er sich auf die Spuren des Bannhölzlers, spricht mit Menschen, welche dem Gespenst begegnet sein wollen oder die alte Sage selbst sehr gut kennen. Zu Letzteren gehört die Baarer Geschichtenerzählerin Maria Greco. Entgegen ihrem eindringlichen Abraten entscheidet sich Daniel Zürcher, in Begleitung an den Hängen des Rossberges den Bannhölzler aufzusuchen. Wird er sich bemerkbar machen?
Zürcher begibt sich noch tiefer in die Thematik, lässt den Zuger Historiker Christian Raschle unter anderem über geschichtliche Aspekte von Grundeigentum reden, zieht einen Fachmann vom Gebiet der Psychologie heran, der sich mit dem Glauben an das Übernatürliche befasst. Auch ein Medium ordnet die Erzählung zwischen Dies- und Jenseits ein – und macht vor laufender Kamera eine Sichtung.
Faszination des Unheimlichen
Für Daniel Zürcher sind alte Sagen ein wichtiger Teil des kulturellen Ethos, wie er sagt. «Sie vermitteln auf indirekte Weise Ängste, Weltansichten und moralische Vorstellungen unserer Vorfahren. Als begeisterter Geschichtsfan sprechen mich solche Erzählungen besonders an.» Zürchers persönliches, unheimliches Erlebnis am Rossberg war für ihn der Auslöser, sich eingehend mit der Legende vom Bannhölzler auseinanderzusetzen. Die Motivation für den Film mit dem Titel «De Schatte vom Wildspitz» entstand jedoch erst später. «Viele solche Geschichten haben meine Kindheit geprägt, und ich wollte diese Erfahrungen gerne an kommende Generationen weitergeben», resümiert Zürcher. Selbst in Unterägeri aufgewachsen, interessieren den Geschäftsführer einer kreativen Medienproduktions- und Marketingfirma vor allem spannende Storys, die bisher kaum oder gar nicht in den Medien behandelt worden sind. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Schweizer Kulturerbe. Mit «De Schatte vom Wildspitz» erhält der Bannhölzler somit erstmals eine «Bühne» im bewegten Bild.
Die knapp 50 Minuten lange Dokumentation kommt mit zahlreichen eindrücklichen Stimmungsbildern und Tonuntermalungen daher. Zürcher verbildlicht die Gänsehaut-Mystik, welche die Sage des unheimlichen Bannhölzlers umgibt. Gewisse Sequenzen gibt er in cartoonesker Form wieder. Der Film ist breit unterstützt worden von Zuger Gemeinden und Stiftungen. Für den Filmemacher ein Zeichen von grossem Interesse an kulturellen Themen, wie er sagt. So ausgeprägt dies im Kanton Zug zu sein scheint, so wünschte er sich auf Bundesebene eine breitere Unterstützung für Projekte, die sich gezielt mit dem Schweizer Kulturerbe auseinandersetzen.
«De Schatte vom Wildspitz» ist in voller Länge und mit englischen Untertiteln auf Youtube verfügbar. Doch Daniel Zürcher plant, den Bannhölzler auch aktiv zu den Menschen zu bringen. «Ich möchte den Film gerne an Schulen und Altersheimen zeigen und so dazu beitragen, dass diese lokale Sage und das damit verbundene Kulturerbe nicht in Vergessenheit geraten.»
Hinweis www.youtube.com – Suchbegriff «De Schatte vom Wildspitz»
(Text: Andreas Faessler)