Vom Werken zur Designdidaktik

Literatur & Gesellschaft, Vermittlung

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Viktor Dittli unterrichtet das Fach «Angewandte Gestaltung» an der Kanti Zug. In seinem Buch «Werk-Stoff» zeigt er dessen Etwicklung auf.

  • Viktor Dittli unterrichtet Angewandte Gestaltung an der Kanti Zug. (Bild Stefan Kaiser)
    Viktor Dittli unterrichtet Angewandte Gestaltung an der Kanti Zug. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Ehemalige Schülerinnen und Schüler, die heute als Architekten, Ingenieurinnen oder Wirtschaftsfachleute tätig seien, hätten ihm rückgemeldet, dass sie entscheidende Impulse für ihr berufliches Leben im Fach «Angewandte Gestaltung» erhalten hätten. «Das hat mich tief beeindruckt und mir aufgezeigt, dass dieser Unterricht bedeutsam ist», erzählt der Autor und Lehrer für Angewandte Gestaltung Viktor Dittli.

Mit seiner Publikation «Werk-Stoff» will er diese Erkenntnis mit Fachleuten, Eltern, Politikern und der Öffentlichkeit teilen. Er zeigt Inhalte, Kontext, Bedeutung und Wirkung der Angewandten Gestaltung auf und welche aussergewöhnlichen Begabungen bei den Schülerinnen und Schülern durch den Unterricht geweckt und gefördert werden. Nicht zuletzt ist es auch eine Form der Anerkennung für das Vertrauen, das ihm und seiner Fachschaft für den Aufbau des Fachs vom Kanton Zug entgegengebracht wurde. «Das ist einzigartig in der Schweiz», betont er.

Arbeiten mit allen Materialien

Die Kantonsschule Zug setzt mit diesem Werk ihre seit 2014 ausgesetzte Publikationsreihe fort. Dies wird ermöglicht durch den Verein ehemaliger Zuger Kantonsschülerinnen und Kantonsschüler (VEK), der die Finanzierung übernimmt. «Ein Engagement, das wir an der Kanti sehr schätzen», so Dittli.

«Angewandte Gestaltung setzt sich mit Design und Technik auseinander, möglichst nahe am Material», erläutert Dittli. Bezüglich der Auswahl gebe es kaum Grenzen. «Wir orientieren uns nicht an bestimmten Werkstoffen, sondern entwickeln und gestalten mit vielen Materialien und Verfahren.» Neben der physischen Darstellung gehe es aber auch darum, einen Lebens- oder Zukunftsbezug herzustellen. Dabei biete der Fachbereich eine Bandbreite an Möglichkeiten, sich mit technischen Errungenschaften auseinanderzusetzen, und leiste dadurch einen wichtigen Beitrag zur MINT-Förderung. «Der Kontext ist ein zentrales Element, die Frage: Wozu machen wir etwas?» Nicht das Selbermachen an sich sei das Wichtigste, sondern die Möglichkeit, im Rahmen eines Projekts mit Material ein Problem zu lösen. «Dann ist man sofort bei Design und Technik – bei Designdidaktik.»

In seinem Buch widmet Dittli der Entwicklungsgeschichte des Fachs, wie es heute an der Kantonsschule Zug im Blocksystem unterrichtet wird, ein eignes Kapitel. Mit verschiedenen Beiträgen zu Themen wie der erziehungswissenschaftlichen Perspektive, Design oder Technikdidaktik sowie umfangreichen Einblicken in die aktuelle Unterrichtspraxis kommen Kollegen der Fachschaft sowie externe Erziehungswissenschafterinnen und Experten zu Wort. Peter Hörler, Direktor der Kanti Zug, schrieb das Editorial.

Einblick in den Unterricht

Aussergewöhnliche Maturaarbeiten, die ein komplexes Verständnis des Zusammenspiels von Material, Technik und Design voraussetzen, werden ebenfalls vorgestellt. Ehemalige Maturandinnen und Maturanden schreiben über ihre Arbeiten und wie diese ihre Studienwahl beeinflusst haben. «Das ist natürlich ein Prozess, man beginnt mit einfacheren Aufgaben und wiederholt dasselbe immer wieder auf höherem Niveau.» Diesen Prozess bildet der Autor in einer reich bebilderten Momentaufnahme ab. «Es werden keine Anleitungen zum Nachbauen gegeben, sondern man bekommt Einblick in den Unterricht und erkennt anhand von Beispielen, was auf welcher Stufe möglich ist.»

So sind nicht nur im 3D-Drucker entstandene technische Teile abgebildet, sondern auch funktionsfähige Boote, Bänke aus Beton, moderne Snowboards, Benzinfahrzeuge, Giesskeramik, australische Didgeridoos, Lampen und Möbel sowie temporäre Installationen, mit Hilfe derer sich die Jugendlichen Räume erschlossen haben. Eine Abgängerin der Kanti Zug und heutige Forstingenieurin umschreibt ihre Erfahrungen: «Eigene, handfeste Projekte an der Grenze des Denk- und Machbaren sind für eine umfassende Bildung mindestens so wichtig wie der Nachvollzug von überliefertem Wissen.» (Cornelia Bisch)