Mit Chnorrlimorrli sollen Klein und Gross das Freiamt entdecken

Literatur & Gesellschaft

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Gerade in Coronazeiten lernen viele das Heimische wieder vermehrt zu schätzen. Autor und Lokalzeitungsredaktor Stefan Sprenger hat mit Zeichnerin Esther «Etschgi» Sorg ein Kinderbuch geschaffen, das die Schönheit und das Besondere des Freiamts hervorhebt.

Zug – Chnorrlimorrli ist über 500 Jahre alt und ein Halb-Monster. Oder, wie es im Buch beschrieben wird: «Er ist halb Mensch und halb Monster. Aber zu 100 Prozent ein Stubenhocker.» Er sei ein bisschen chnorrlig, ein wenig morrlig, aber sympathisch. Ein typischer Freiämter eben. Er wohnt in einem alten Waggon der Wohlen-Meisterschwanden-Bahn auf dem Bullenberg in Villmergen. Und er ist ein absoluter Schisshase.

So dauert es über 200 Jahre, bis er sich getraut, in den Topf zu gucken, den ihm irgend so ein Tschumpel 1803 in den Garten geworfen hat. Dabei ist er es nicht einmal selbst, der entdeckt, was sich darin befindet. Wie aus dem Nichts taucht Brazzo bei ihm auf, ein Hund, der fast nur in Reimen spricht. Chnorrlimorrli erschrickt, als Brazzo den Topf umwirft. Darin finden die beiden eine Karte des Freiamts. Da erscheint eine Eule namens Annemarie, die Chnorrlimorrli sagt, er habe fünf Prüfungen zu bestehen. Sie schickt ihn zum Hasenberg auf dem Mutschellen. Mit einem Chlapf ist sie wieder weg.

Sprenger war enttäuscht von vielen Kinderbüchern

Es ist eine abenteuerliche Geschichte, die sich Stefan Sprenger ausgedacht hat. Der Sportredaktor bei der Freiämter Regionalzeitungen AG hat seit der Geburt seiner Tochter Lila vor knapp zwei Jahren vermehrt Kinderbücher angeschaut. «Ganz ehrlich, ich bin enttäuscht», sagt er. So entstand die Idee, selber ein Buch zu schreiben. «Spontan kam mir Etschgi in den Sinn. Ich wusste: Mit ihr klappt das», erinnert er sich. Sie kannten sich nicht erst, seit Etschgi als Karikaturistin bei der Freiämter Regionalzeitungen AG angefangen hat.

Also schrieb er ihr spontan: «Hoi Etschgi. Komm, wir machen ein Kinderbuch!» Sorg kannte die Nummer nicht. «Aber ich konnte mir schon denken, wer dahinter steckt.» Sie berichtet: «Die Idee hat mir sofort gefallen.» Das war vor anderthalb Jahren. Am 1. Dezember konnten sie ihr Erstlingswerk im Strohmuseum feiern.

Der Ort, an dem die Vernissage stattfand, ist nicht zufällig gewählt. Denn nachdem Chnorrlimorrli – so viel darf verraten werden – seine Mission auf dem Hasenberg mit wehenden Fahnen besteht, schickt ihn Eule Annemarie weiter zum Strohmuseum, wo seine nächste Aufgabe wartet. Weiter besucht er die Surfwelle in Bremgarten, den Heidenhübelstein in Sarmentsorf und die Schwinger im Guggibad. Immer wieder muss er neue Hindernisse überwinden und mutiger werden. Denn dem Autor scheint nicht nur das Freiamt beim Schreiben wichtig gewesen zu sein, sondern auch den Kindern zu zeigen, dass man mit etwas Mut und der Hilfe von Freunden alle Probleme überwinden kann. Egal, ob Hund Brazzo den rüpelhaften Eichhörnchen die Leviten liest oder die Aristauer Ringer Chnorrlimorrli für den Kampf im Guggibad fit machen.Die mutigste Entscheidung war es für Chnorrlimorrli aber vermutlich, einen Schritt aus seiner Komfortzone, seiner kleinen Welt auf dem Bullenberg, hinaus ins weite Freiamt zu wagen.

Stefan Sprenger und Esther Sorg haben sich nicht nur von den Freiämter Sehenswürdigkeiten inspirieren lassen, sondern auch ganz viel Persönliches ins Buch einfliessen lassen. So verwundert es nicht, dass Pferdenärrin Etschgi beispielsweise in ihr Bild des Klosters Muri in einem der Bäume eine Pferdegestalt versteckt hat.

Viel Persönliches ist im Buch erhalten

Auch Brazzo ist nicht erfunden. Er basiert auf Sprengers zehnjährigem Hund, einer Mischung aus Golden Retriever und Boardercollie. «Vor allem der Boardercollie drückt stark durch», sagt Sprenger lachend. «Sie können sich scheinbar über 200 Worte merken. Darum fand ich es passend, dass Brazzo im Buch wortgewandt auftritt und ist wie im richtigen Leben: aufgestellt, lieb und ein wenig frech.»

Im realen Leben sei Brazzo eine Art Bruder für Sprengers Tochter Lila. Das passt, denn auf Kroatisch heisst Brazzo so viel wie Brüderchen. Ab Januar wird Brazzo allerdings Konkurrenz erhalten, dann soll Lilas menschliches Brüderchen zur Welt kommen.

Natürlich ist auch die Annahme, dass die Eule Annemarie eine kleine Hommage an Annemarie Keusch, Arbeitskollegin von Sprenger, ist, nicht ganz aus der Luft gegriffen. Ausserdem verwendet Sprenger viele Freiämter Mundartausdrücke, die als Fussnote übersetzt werden. Chnorrlimorrli isst am liebsten Mohrenköpfe und trinkt seinen Bäri-Gwürz-Tee. Und er liebt Hördöpfel und Schnitz – ein Rezept dazu findet sich ebenfalls im Buch.

Die Abenteuer von Chnorrlimorrli und Brazzo gibt es unterdessen in vielen Läden überall im Freiamt. Auch auf der Website können sie bestellt werden. Sprenger verrät: Die Bestellung, die am weitesten herkommt, stammt von einem Heimweh-Freiämter aus Kuala Lumpur in Malaysia. (Andrea Weibel)