Als der Komponist Bauer war

Musik

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Der Komponist Robert Fellmann (1885–1951) war ein Baarer. Die Gemeinde ist bis heute stolz auf ihren bekannten Bürger. Doch auch in einem kleinen Luzerner Dorf hält mal das Fellmann-Gedenken aufrecht.

  • Der Fellmann-Brunnen in Uffikon hat seit Dezember 2022 einen neuen Platz auf dem umgestalteten Friedhofsgelände. (Bild Dominik Wunderli)
    Der Fellmann-Brunnen in Uffikon hat seit Dezember 2022 einen neuen Platz auf dem umgestalteten Friedhofsgelände. (Bild Dominik Wunderli)

Baar – Es ist bestimmt eine der herzigsten Brunnenfiguren weit und breit: Ein kindliches respektive jugendliches Bauernpaar streichelt liebevoll ein Kälbchen, das seinen Kopf zutraulich an die beiden schmiegt. Die Figurengruppe steht auf dem Rand eines Brunnentrogs, dieser ist aus einem mächtigen Kalkblock gehauen. Erschaffen hat ihn der Littauer Steinbildhauer Siegfried Wermelinger (1891–1988).

Die hübsche Brunnenanlage steht im westlichen Teil des Friedhofes im luzernischen Dorf Uffikon bei Dagmersellen. Von ihrem vorherigen Standort ein paar Meter weiter auf einer kleinen Wiese an der Hauptstrasse, ist der Brunnen im Dezember 2022 im Zuge der Friedhof-Neugestaltung an den jetzigen Standort versetzt worden. Beim Uffiker Brunnen handelt es sich faktisch um eine Gedenkstätte. Sie erinnert an den Baarer Robert Fellmann (1885–1951), der als wichtigster Schweizer Jodellied-Komponist des 20. Jahrhunderts angesehen wird. Die Inschrift auf einer Steinplatte neben dem Brunnen gibt den Hinweis: «Unserem Heimatkomponisten Robert Fellmann (1885–1951) zu Ehren.»

Fellmann wird von Kennern unmittelbar mit der Zuger Gemeinde Baar assoziiert, sein dortiges Gedenken ist denn auch entsprechend ausgepr­ägt: Im Robert-Fellmann-Park schräg gegenüber des Gemeindehauses steht seit 1958 eine Gedenkfigur – ein junger Jodler in Tracht –, und der Grabstein des Komponisten auf dem Baarer Friedhof in der Gestalt eines Steinblockes ist kaum zu übersehen.

Kinderjahre in Baar oder Uffikon?

Dass im kleinen Luzerner Dorf ein Gedenkbrunnen für den Baarer steht, legt nahe, dass er auch hierhin eine Verbindung hatte. Interessant ist, dass man heute nicht mehr genau weiss, inwiefern Fellmann hinsichtlich seiner frühen Lebensjahre mit Uffikon in Verbindung steht. Das geht aus einer Fellmann-Biografie hervor, welche anlässlich seines 50. Todestages erschienen ist. Fest steht demnach nur, dass die Grosseltern des 1885 in Baar geborenen Komponisten bis 1873 in Uffikon gelebt hatten, ehe sie mit Kind und Kegel ins Zugerische umgesiedelt sind. Robert Fellmanns Mutter Katharina soll ledig geblieben sein, vom leiblichen Vater des Komponisten weiss man nichts. Wo Robert Fellmann seine Kinderjahre verbrachte, darüber ist nur Mündliches überliefert worden – das sich allerdings widerspricht. Die einen Zeitzeugen gaben an zu wissen, dass Robert Fellmann als uneheliches Kind bei Verwandten in Uffikon aufgewachsen und dort verblieben sei bis zur vierten Primarstufe. In Fellmanns Nachrufen wiederum war mehrfach zu lesen, dass er in seinem Geburtsort Baar gross geworden und zur Schule gegangen sei. Letzteres scheint wahrscheinlicher, wie einzelne Einträge in historischen Baarer Amtsregistern nahelegen. Mit Gewissheit festhalten lässt sich, dass der junge Robert Fellmann 1897 die Baarer Sekundarschule besuchte. Es ist also anzunehmen, dass Baar Fellmanns Ort der Kindheit war. Uffikon war bis dahin lediglich die Herkunftsgemeinde seiner Mutter und deren Vorfahren.

Fellmanns Jugendjahre im Luzernischen

Dennoch bleibt das kleine Luzerner Dorf nicht aussen vor, wenn es darum geht, eine berühmt gewordene Persönlichkeit zum Kreis seiner Dorfbewohner zu zählen: Als Teenager verbrachte Fellmann einige Jahre auf dem Bauernhof seines Grossonkels in Uffikon. Es war offenbar eine prägende und arbeitsreiche Periode, denn in mehreren seiner Lieder und Gedichten wird der Baarer später seine Zeit im Luzernischen thematisieren. Letztlich hat denn auch Fellmanns Karriere als Liedkomponist in Uffikon ihre Anfänge gefunden. Er trat dem dortigen Cäcilienverein bei, lernte Klavier, Violine und Zither. Die Bekanntschaft mit dem illustren Luzerner Musiker Alfred Leonz Gassmann trug das Ihrige zum weiteren Verlauf von Fellmanns künstlerischem Werdegang bei. Nach der Rekrutenschule verliess er Uffikon und zog zurück nach Baar.

Das kleine Luzerner Dorf kann sich also zurecht als bedeutende Komponente in der Biografie des bekanntesten Schweizer Jodellied-Künstlers anpreisen. Der reizende Brunnen bei der Pfarrkirche nimmt thematisch Bezug auf Fellmanns hiesige Jugendjahre im bäuerlichen Umfeld. Bildhauer Wermelinger hat die Brunnenanlage anno 1969 vollendet, nachdem die Gemeinde entschieden hatte, im Zuge einer Neugestaltung der Dorfstrasse im Uffiker Dorfzentrum bei der Kirche eine Fellmann-Gedenkstätte einzurichten. Den Anstoss dazu hatte Gemeindeammann Robert Zemp-Berchtold (1921–2022) gegeben. Die Einweihung am 24. August 1969 ging mit einem grossen Dorffest einher, zu welchem zahlreiche Volksmusikformationen aus der Umgebung sowie die Trachtengruppe Baar und der Baarer Jodelklub Heimelig geladen waren. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis

In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fund­stücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.