Modernes Spiel zum Jubiläum

Musik

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Die Zuger Pfarrei St. Johannes feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Die Uraufführung des Osterspiels
«Der Liebe Gesicht» ist der Höhepunkt der Festlichkeiten.

  • Der Gesang des vielstimmigen Chors erfüllt den Kirchenraum. Bild: Maria Schmid
    Der Gesang des vielstimmigen Chors erfüllt den Kirchenraum. Bild: Maria Schmid
Zug – Das christliche Osterspiel entstand im Mittelalter aus der Osterliturgie der katholischen Kirche. Denn die Geschichte von Leiden, Tod und Auferstehung Christi faszinierte die Menschen über Jahrhunderte und bot Raum für immer grandioser werdende musiktheatrale Darstellungen, an denen viele Bürger und die Honoratioren einer Stadt beteiligt waren. Auf diese gemeinschaftliche religiös-künstlerische Tradition scheint das Musikspiel, mit dem die Stadtzuger Pfarrei St.Johannes 2021 ihren 50. Geburtstag feiern wollte, das aber coronabedingt erst jetzt vor Publikum aufgeführt werden konnte, zurückzugreifen. Die Elemente der alten geistlichen Spiele wurden dabei in kreativer Weise dem 21. Jahrhundert angepasst – mit historischen Mitteln und heutiger Technik.

Theaterarena, Bühne und Schauspielende

Ein sechsstufiges Podest im Altarraum der Kirche, auf dem sich etwa 50 Singende der Kirchenchöre St.Johannes und St. Michael versammelten, formten eine Art Arena, vor der einerseits das 25-köpfige Orchester Platz nahm, andrerseits eine Spielbühne das theatrale Geschehen in den Mittelpunkt rückte. Die Schauspielenden waren sieben Jugendliche von heute: Mit Schultaschen, Fussball oder Skateboard bepackt, in Jeans, T-Shirt oder Kopftuch, landeten sie zufällig im «Escape Room» Kirche – «krasse Location», wie einer in sein Headset sagte. Plötzlich sprachen Stimmen zu ihnen und schickten sie auf eine Entdeckungsreise zurück ins Leben Jesu. Dies wurde verstärkt durch fünf Kinder, die in Ministrantengewändern hereinstürmten und sich beim Ballspiel mit biblischen Namen anriefen. Und mithilfe einer Bibel mussten die Jugendlichen nun Aufgaben bewältigen, in denen es um «die Frage der Fragen» christlichen Glaubens ging. Entlang dieser Spurensuche entwickelte sich das Spiel. Zusätzlich wurden hinter einer mannshohen Leinwand auf der rechten Seite mittels lebender Bilder Szenen aus den letzten Tagen Jesu dargestellt: Beleuchtet wie in einem Caravaggio-Gemälde, in weissem Gewand und jüdischer Kopftracht, betete Jesus (gespielt von Pfarrer Roman Ambühl) im Garten Gethsemane, wurde von Judas verraten, mit Dornen gekrönt und schliesslich ins Grab gelegt. Maria Magdalena (Svenja Müller) aber trat aus der Wand heraus, um in blauem Kleid und Sandalen auf der Bühne ihre Liebe zum Rabbi zu besingen – mit klarer reiner Stimme und sehr anrührend. Am Ende war sie es auch, die das Grab Jesu leer vorfand, dann aber dem Auferstandenen begegnete und zur Verkünderin des Wunders wurde – in einem zweiten Solo voller Jubel. Diese geschickte multimediale Inszenierung war das Werk der Religions-, Theater- und Musikpädagogin Monika Regli. Getextet wurde das Spiel – Dialoge und Songs – von Meggi Klüber, die selbst Sängerin ist und seit 2012 in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Martin Völlinger Liedtexte geistlicher und weltlicher Art und für Musiktheater zur Vertonung bringt.

Musik im Zentrum

Die von Völlinger komponierte Musik stellte so etwas wie die Hauptperson der Aufführung dar. Sie schuf die Atmosphäre des Staunens und Erkennens – mit einer spannenden Mischung aus Instrumentalstücken, Chorliedern und Soli, in denen bald Gregorianik oder Kirchenlied, bald Popsong-Anleihen oder jazzige Saxofonklänge hervorstachen. Mal perlende Pianobar (von Völlinger selbst am Flügel gespielt), mal ozeanische, das volle Orchester ausnutzende Filmmusik à la Morricone, und am Ende ein gospelartiges, lüpfiges Halleluja, das zum Mitklatschen und -tanzen einlud. Das zahlreich erschienene Publikum reagierte mit begeistertem Applaus. (Text von Dorotea Bitterli)