Ein Märchenprinz für Zug
Brauchtum & Geschichte
Das neue Oberhaupt der Zunft Letzibuzäli ist vorgestellt worden. Ihn kennt buchstäblich jedes Kind.
Zug – Man hätte gern gewusst, was sich die Passanten dachten, die gestern Vormittag die Zugerbergstrasse bergwärts gingen. Beim Pulverturm hielten sie inne und blickten verdutzt auf seltsame Gestalten: mehrheitlich Erwachsene, gekleidet in Gewänder, manche mit Stofftieren auf den Schultern, manche mit schwer behangenen Ketten um den Hals.
Für Eingeweihte war hingegen klar: Es ist der 11. 11. – Fasnachtsbeginn. Die Zunft Letzibuzäli stellte ihren 31. Prinzen vor. Um 11.11 Uhr lüftete Zunftmeister Richard Rüegg eines der bestgehüteten Geheimnisse der Stadt: Rudy Wieser (53) wird im kommenden Frühjahr unter dem Namen «Prinz Rudy der I.» durch Zug ziehen, begleitet von den Prinzessinnen Trix Wieser (seiner Frau) und Vreni Bolzern (einer Freundin von ihr). Unter anderen erwiesen ihnen Stadtrat André Wicki (Prinz im Jahr 2012) sowie Abgesandte der Zuger Chesslete, der Fröschezunft Inwil und der Guggenmusik Figorowa ihre Reverenz.
Wiesers Vorgänger, der Getränkehändler Walter Weber, sprach das Bonmot des Anlasses: «Auf einen Weinprinzen folgt ein Märchenprinz.» Der Unternehmensberater Wieser ist der breiten Öffentlichkeit im Kanton nämlich vor allem als Präsident des Zuger Märlisunntigs bekannt, der jährlich von Tausenden Kindern und Eltern besucht wird. Der neue Prinz fragte nach der Vorstellung seiner Begleiterinnen gleich nach «etwas zum Anstossen» – Trinkfestigkeit ist bekanntlich keine schlechte Voraussetzung für die Fasnacht. Allerdings sollte er den weisen Worten seines Vorgängers lauschen, der auf seine Erfahrungen im zurückliegenden Winter angesprochen sagte: «Es sind strenge Tage mit vielen Anlässen. Da muss man sich beim Trinken zurückhalten.» Die beiden Honorationen werden noch genügend Gelegenheiten haben, sich über die richtige Taktik auszutauschen: Die Zepterübergabe des alten an den neuen Prinzen erfolgt Ende Januar.
Bald eine Frau als Oberhaupt?
Ausser Rudy Wieser und seiner Entourage hatten vor 11.11 Uhr nur drei Menschen gewusst, wer neuer Prinz werden würde: die dreiköpfige Findungskommission der Zunft, die eine Liste mit Kandidaten führt. Dem Vernehmen nach könnte auf dieser gut versteckten Liste dereinst erstmals ein Frauenname stehen. Das grosse Problem dabei sei laut einem Insider allerdings: Man wisse nicht, wie der oder die Begleiter der Prinzessin genannt werden sollten. «Prinz» könne es schliesslich nicht sein, das würde Verwirrung stiften. Ein anderer Vorschlag sei jedenfalls bereits verworfen worden: «Hofnarr.» (Raphael Biermayr)