«Chamäleon» bespielt neues Auditorium

Musik

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Das Eröffnungskonzert der Sommerklänge brachte wohl einen Rekordaufmarsch. Es war für die meisten im Publikum die erste Begegnung mit dem Auditorium der Partners Group in Baar und mit drei gehaltvollen Werken der Nachromantik.

  • Blick in das voll besetzte Auditorium. Bild: Stefan Kaiser (Baar, 6. 7. 2025)
    Blick in das voll besetzte Auditorium. Bild: Stefan Kaiser (Baar, 6. 7. 2025)

Baar – «Welch ein Anblick!» – dies waren die drei Begrüssungsworte des Mitorganisators Peter Hoppe angesichts des übervollen grossen Auditoriums. Nur knapp gelang es, alle interessierten Leute irgendwo zu platzieren. Das Programm umfasste drei Werke von Sergej Prokofjew (1891–1953), Ralph Vaughan Williams (1872–1958) und Ernst von Dohnányi (1877–1960). Mit der Pianistin Madeleine Nussbaumer musizierten in wechselnder Besetzung Tobias Steymans und Sari Erni-Ammann (Violinen), Maria Clément (Viola), Joël Marosi (Violoncello), Stojan Krkuleski (Klarinette) und Tomás Gallart (Horn).

Auf das Risiko, dass sich der Schreibende gegenüber früheren Sommerklänge-Aufführungen wiederholt: Alle Mitwirkenden verfügten über das notwendige musikalische und spieltechnische Rüstzeug für eine souveräne Wiedergabe des oft sehr anspruchsvollen Notentexts. Das Zusammenspiel wirkte in gleicher Weise präzise und situationsgerecht. Wer je schon einen Probe-Termin für fünf bis sieben voll aktive Berufsmusiker suchen musste, der allen passt, der wird auch die kurze Phase der gemeinsamen Vorbereitung angemessen würdigen.

Wechselnde Instrumentierung

Die drei gespielten Werke sind nicht sehr bekannt: Dies liegt einerseits an der wechselnden Instrumentierung, andererseits am hohen technischen Schwierigkeitsgrad, was sie jeweils für Hobbymusiker fast unspielbar macht. Am leichtesten fand das Publikum den Nachvollzug bei der «Ouvertüre über hebräische Themen» von Prokofjew, vor allem dank der meist von der Klarinette angestimmten Klezmer-artigen Themen.

Williams war gegenüber seinem eigenen Schaffen immer sehr kritisch eingestellt. Dies dokumentierte sich in einer langen Ausbildung bis ins mittlere Mannesalter und durch die Tatsache, dass er viele seiner Kompositionen später wieder vernichtet hat. Auch das Quintett in D-Dur sollte nach der Uraufführung 1901 eigentlich diesen Weg gehen. Es gelangte erst vor rund dreissig Jahren ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, als das vom Komponisten verhängte Aufführungsverbot verjährte.

Als Sextett näherte sich Dohnányi in den Tutti-Stellen schon einem kleinen Kammerorchester mit Klavierbegleitung. Dazwischen folgten aber längere Passagen als Streichtrio (Einleitung 2. Satz) und die Kombination der beiden solistischen Bläser mit dem Tasteninstrument. Wie auch die beiden anderen Komponisten wusste Dohnányi um die spieltechnischen und klanglichen Eigenheiten der Instrumente, und er setzte sie sowohl bei den Soli wie im Ensemble klangvoll ein, dankbar sowohl für die Interpreten wie für das Publikum.

900 Pfähle waren nötig

Die traditionellen Erläuterungen zum Aufführungsort erfolgten durch René Bucher. Als hauptverantwortlicher Architekt betonte er die Zweiteilung des erst 2021 bis 2024 entstandenen Komplexes in Gebäude aus Sichtbeton mit einem gewissen Nostalgie-Effekt und dem als zukunftsgerichtet verstandenen «Green Building», welches auch das als Konzertsaal benutzte Auditorium umfasst. Besondere Probleme bot der für ein Hochhaus eigentlich zu wenig stabile Baugrund des Lorze-Schwemmfächers. Dieser konnte nur mit einer besonderen, erst seit wenigen Jahren bekannten Technik und nicht weniger als 900 Pfählen stabilisiert werden.

Die trockene Akustik im voll besetzten Raum wurde durch Präzision der individuellen Leistungen und des Zusammenspiels angemessen kompensiert. Allerdings blieben die tiefen Frequenzen etwas abgeschnitten. Der schon für viele Konzerte aus dem Tessin herangeführte Steinway-Flügel klang mit der gleichen Interpretin viel weniger abgerundet als beispielsweise in der Gewürzmühle. (Text: Jürg Röthlisberger)