Die «Sommerklänge» einmal anders

Musik

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Freude herrscht: Das traditionelle Zuger Musikfestival kann durchgeführt werden. Zwar mit einer signifikanten Änderung des Konzepts. Die «Notlösung» aber erweist sich als einzigartige Alternative mit besonderen Vorzügen.

  • Riesig, nagelneu und mit erstaunlicher Akustik: die aus Holz konstruierte Halle des Zephyr Hangars der V-Zug. (Bild PD)
    Riesig, nagelneu und mit erstaunlicher Akustik: die aus Holz konstruierte Halle des Zephyr Hangars der V-Zug. (Bild PD)

Zug – Man läge nicht ganz falsch, wenn man bei der Planung des diesjährigen Zuger Sommerklänge-Festivals – es ist die 20. Ausgabe – von einer Zangengeburt oder einem Spiessrutenlauf spräche: Die leidige Corona-Sache hat die Organisatoren auf eine harte Probe gestellt. «Noch bis vor kurzem waren wir völlig unsicher, ob das Festival überhaupt in irgendeiner Form stattfinden kann», sagt die künstlerische Leiterin Madeleine Nussbaumer. Man habe sich ja lange nicht darauf verlassen können, ob die Lockerungen wie geplant erfolgen werden und – vor allem – ob die Musikerinnen und Musiker aus dem Ausland überhaupt einreisen dürfen.

«Der ganze Organisationsprozess war seit März so nervenaufreibend, immer wieder schien das Ganze auf der Kippe. Da gab es Momente, wo man am liebsten resigniert hätte.»

Eine einmalige Gelegenheit

Aber es kam gut: Jetzt sind die Sommerklänge 2020 in trockenen Tüchern, die Musikerinnen und Musiker sind gebucht, die Spielstätte fix. In letzterem liegt der grosse Unterschied zum gewohnten Festival-Konzept: Heuer sind es nicht fünf aussergewöhnliche Räume, sondern nur deren einer. «Bei einigen der geplanten Spielorte wären die Sicherheitsmassnahmen schlichtweg nicht umsetzbar gewesen», sagt Peter Hoppe, Mitveranstalter und Kommunikationsverantwortlicher. Und Sicherheit geht nun mal vor. Dann ein Glücksfall: Für die Austragung aller fünf thematischen Konzerte konnten Nussbaumer und Hoppe mit dem nagelneuen Aufbau des Zephyr Hangars der V-Zug einen Ort finden, der es in mehrfacher Hinsicht in sich hat. Nicht nur ist die voluminöse, 40 mal 90 Meter grosse Holzhalle mit hohem Sheddach ein industriell geprägter Ort mit bemerkenswerter Architektur, sie erweist sich auch als eine einmalige Gelegenheit, wie sie sich so schnell nicht wieder ergeben dürfte: Die Sommerklänge fallen just in das Zeitfenster, während dem die jüngst fertig errichtete Halle noch leer steht. Kaum verklingt der letzte Ton, wird hier der Produktionsbetrieb aufgenommen; Metallelemente werden bearbeitet, Werkzeuge konstruiert und fabriziert. Konzerte wären dann kaum mehr denkbar. So sind denn auch die Sommerklänge 2020 trotz der etwas anderen Vorzeichen von der gewohnten Einmaligkeit geprägt.

Es habe sich zudem gezeigt, dass die Halle trotz ihrer riesigen Ausmasse über eine hervorragende Akustik verfügt, sagt Madeleine Nussbaumer.

Begegnungen für die Seele

«Was für uns jetzt ganz besonders zählt, ist, dass die Musikerinnen und Musiker endlich wieder auftreten können», sagt die Zugerin. Man könne sich kaum vorstellen, was es für sie bedeute, wenn das gesamte Kulturgeschehen lahm liegt. «Die Not der Musiker war für uns eine besondere Treibkraft, das Festival auf die Beine zu stellen», fügt Peter Hoppe an. Und auch das Publikum dürste danach, Konzerte endlich wieder vor Ort zu erleben und den realen Kontakt zu den Musizierenden zu haben. «Genau solche Begegnungen sind es, welche die Seele nähren. Es ist also für beide Seiten existenziell. Uns war es ein grosses Anliegen, dass dies jetzt wieder möglich wird», so Peter Hoppe. «Entsprechend waren die Reaktionen der überglücklichen Musiker, dass es grünes Licht gibt für die Sommerklänge 2020.»

Damit sich alle sicher fühlen

Ein weiterer, aktuell besonders wichtiger Vorteil des Zephyr Hangars: Seine Dimensionen erlauben einen 100 Prozent «coronakonformen» Betrieb. Heisst, es hat überall und zu jeder Zeit genügend Raum für die nötige Distanz zwischen Besucherinnen und Besuchern. Der Zugang erfolgt über ein Treppenhaus oder einen Grossaufzug. Die Bestuhlung erlaubt Flexibilität: Wer sich noch sicherer fühlen möchte, setzt sich einfach etwas weiter weg. Qualitätseinbussen beim Musikgenuss sind dabei kaum im Kauf zu nehmen.

Und dieser Genuss ist auch bei der Jubiläums-Ausgabe der Sommerklänge garantiert: Das Programm ist wie immer ausserordentlich breit gefächert, klassische wie auch nicht alltägliche, hochkarätige Formationen interpretieren Vertrautes, weniger Bekanntes, Seltenes und vor allem viel Überraschendes (siehe Box). Den Auftakt macht traditionell das Zuger Ensemble Chamäleon mit der Festivalleiterin Madeleine Nussbaumer am Klavier. (Andreas Faessler)