Die Oper als Blasmusik

Musik

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Mit zwei Jahren Verspätung führte die Feldmusik Allenwinden am Wochenende ihr Programm zum 100-Jahr-Jubiläum auf.

  • Zum ersten Mal spielte die Formation in ihrer neuen Uniform. (Bild Roger Zbinden)
    Zum ersten Mal spielte die Formation in ihrer neuen Uniform. (Bild Roger Zbinden)

Allenwinden – Wow! Sie wühlt auf und geht einem direkt ins Herz, diese Musik von Giuseppe Verdis Oper «Nabucco». Wer die Klarinetten und Trompeten hört, welche die berühmte Melodie des Gefangenenchors anstimmen, versteht sofort die Wehmut der Hebräer, die in Babylonien gefangen sind und sich nach ihrem Heimatland sehnen.

Kein einfaches Unterfangen, sind doch gerade die Holzbläser mit ihren transparenten und ausgestellten Stimmen stark gefordert, wie ein Klarinettist später in der Pause erzählt. Doch der Feldmusik Allenwinden gelingt das Kunststück, die anspruchsvolle Ouvertüre, die original mit Streichern gespielt wird, auch mit einem reinen Blasmusikorchester klingen zu lassen. Umso spezieller, da arrangierte Operntiteln in Blasmusiken nicht unbedingt zum Standardrepertoire gehören.

Das Werk markierte am Samstag einen der Höhepunkte des Jahreskonzertes, das die Feldmusik anlässlich ihres 100-Jahr-Jubiläums eigentlich bereits 2021 aufführen wollte. Pandemiebedingt wurde es immer wieder verschoben – aber das Programm blieb dasselbe, wie Dirigent Daniele Giovannini nach dem Konzert erzählt.

«Wir haben die Stücke eine Zeitlang zur Seite gelegt und im September wieder angefangen, sie zu üben.» Während der Pandemie habe man zwischenzeitlich in kleineren Gruppen geprobt, was Giovannini auch als Chance sah: «Die Musikerinnen und Musiker waren etwas ausgestellter und haben deswegen bewusster gespielt, was ihnen mehr Sicherheit gab.»

Am Samstagabend liess sich die Feldmusik von der teilweise mühsamen Probesituation der vergangenen zwei Jahre nichts anmerken. Im Gegenteil, das ansprechende Programm war gespickt mit dynamischen Titeln, die teilweise nicht nur den Bläserinnen und Bläsern, sondern auch dem Publikum fast keine Zeit liess, Atem zu holen. Im ersten Teil wählte man neben Nabucco gleich zwei weitere Ouvertüren: Der «Kickoff» des Holländers John Blanken begrüsste die voll gefüllte Aula mit treibendem Schlagwerk und mitreissenden Melodien, die an die Filmmusik von «Indiana Jones» erinnerten.

Mit Anspielung auf den Allenwindner Schwarzenbach führte der Verein «Black River Overture» auf, dessen witzige Motive unter anderem gekonnt von der kleinen Es-Klarinette gezeigt wurden. Die Ouvertüre entstand im Auftrag einer Pfarrkapelle Schwarzenbach und soll ein Kompliment an alle Musikvereine sein, denen es gelingt – allen modernen Freizeitangeboten zum Trotz –, im Dorf zu bestehen.

Kleines Dorf, grosse Blasmusik

Dafür ist die Feldmusik Allenwinden tatsächlich ein passendes Beispiel: Die Formation ist mit rund 50 Musikerinnen und Musikern gut besetzt und konnte als einer der wenigen Zuger Blasmusiken in den letzten Jahren sogar noch an Mitgliedern zulegen. Das habe auch viel mit dem Dirigenten Daniele Giovannini zu tun, schwärmt ein Mitglied in der Pause. Er verstehe es, die Formation zu motivieren.

Das Publikum staunt, als zwischendurch den Jubilaren geehrt wird: Das treuste Mitglied ist seit über 55 Jahren dabei. Ebenso auffällig: Wie sich aus dem Konzertprogramm entnehmen lässt, sind viele miteinander verwandt. Eine lebendige Blasmusikkultur also, die in der Familie weitergegeben wird.

Es überzeugt auch der Rest des Programms: Musik aus dem Film «Schneewittchen», dem Musical «Chicago» oder eine Hommage an die Erfindung des heutigen Notensystems «Medieval Hymn Variations» – nach einem unheimlichen Anfang durch Glockenspiel eingeläutet und mit Pauken getrommelt, verwandelt sich die Blasmusiknummer plötzlich in einen Swing. Besonders gefällt, wie der Dirigent jeweils den letzten Ton, hier das Paarbecken, genussvoll ausklingen lässt. (Text von Fabian Gubser)