Der Virtuose – live im Gemeindesaal

Musik

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Trotz Schweizer WM-Match am Fernsehen fanden knapp 100 Leute den Weg in den Gemeindesaal im Dreiklang in Steinhausen, um Mario Batkovic zu sehen und zu hören.

Steinhausen – Er, der Berner mit bosnischen Wurzeln, der mit vier Jahren vom Onkel sein erstes Akkordeon geschenkt bekam und im Alter von 11 Jahren mit seiner Familie vor dem Krieg in die Schweiz flüchtete. Die Musik und sein Akkordeon wurden für den Buben, der die fremde Sprache nicht verstand, zum Zufluchtsort. Hier gab es keine Kommunikationsprobleme. Hier wurde er verstanden. Das Akkordeon war und ist seine Heimat.

Akkordeon und Musiker sind eine Einheit

Da sitzt der Mario Batkovic auf einem unschicken schwarzen Holzstuhl, neben ihm einige Flaschen Wasser und über seinem Schoss dieses atmende Instrument, das mal seelenruhig schnauft, mal stossseufzt, mal hechelt oder brummt, das mal – kaum hörbar – traurige Melodien haucht und im nächsten Augenblick losschmettert wie ein ganzes Orchester. Seine Lieder werden in blaues, grünes, weisses oder violettes Licht getaucht und er und sein Akkordeon verschmolzen zu einer Einheit. Seine Band besteht nur aus ihm und seinem Akkordeon.

Wenn er zwischen seinen Liedern zum Mikrofon greift und zum Beispiel die Geschichte von seiner Lieblingsbuche erzählt, mit der er viele Stunden verbracht hat, nein, nicht aus esoterischen Gründen, sondern rauchend, dann lachen die Zuschauer schallend. Und wenn dann diese Buche gefällt wird, erzählt er weiter, wie er vor lauter Kummer darüber wegziehen muss, dann wird es still im Saal. Dieser Lieblingsbuche widmet er ein Lied und nennt es «Fagus», weil er allen seinen Liedern lateinische Namen gibt, die er immer mit Google-Translate erstellt, aber nie sicher ist, ob die Übersetzung korrekt ist.

Als Teenager wurde er als «Jugo mit dem Handörgeli» gehandelt und für Balkanabende gebucht. Sein Werdegang vom Balkanmusiker zum Pop-Akkordeonisten hat wohl mit Glück, aber auch mit harter Arbeit zu tun. Für Mario Batkovic ist es wichtig, dass das Akkordeon nicht nach Akkordeon tönt, dass seine Musik keine Grenzen hat und er seine Melodien, die er ununterbrochen hört, wie ein «Radio im Kopf», hörbar machen kann. Das Publikum entlässt ihn erst nach 90 Minuten und einer Zugabe mit tosendem Applaus.

Für Kultur Steinhausen: Jolanda Zenger