Mit der Schreibmaschine in die Traumwelt

Literatur & Gesellschaft

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Der 13-jährige Christos Gelas hat einen Schreibwettbewerb gewonnen. Trotz seiner Jugend setzt er auf traditionelle Geschichten und Mittel.

Zug – Christos Gelas hat das Zimmer eines typischen Jugendlichen. Über seinem Kajütenbett prangt Che Guevara in obligatem Schwarz und Rot, im Aquarium schwadern kleine Fische herum, und hier und dort liegt ein Buch. Nur die Schreibmaschine auf dem Pult fällt auf. Es handelt sich zwar um ein eher neueres, elektrisches Exemplar, trotzdem will sie, in einer Zeit von Tablet-PC und hauchdünnen Laptops, einfach nicht ganz ins Bild passen. Christos Gelas erklärt: «Auf dieser Maschine schreibe ich meine Texte. Ursprünglich wollte ich eine richtig alte, doch die hat nicht gut funktioniert.»

Seit der 5. Klasse schreibt der 13-jährige Zuger regelmässig Geschichten. Neuerdings jedoch nicht mehr nur für sich. Dieses Jahr hat der Jugendliche an einem nationalen Literaturwettbewerb mit dem Namen «Schreibzeit» mitgemacht - und ist prompt auf dem achten Platz gelandet. Eine grossartige Leistung, haben doch mehrere hundert Kinder und Jugendliche am Wettbewerb teilgenommen. Zu diesem Anlass hat Christos eine vierseitige Geschichte unter dem Titel «Utopia» eingesandt. Der Titel passt. Einerseits zur fantasievollen Geschichte, die einen über den verstaubten Estrich des Grossvaters und über leuchtende Steine in ein faszinierendes Land von fremden Völkern und Landschaften bringt. Anderseits passt das griechische Wort «Utopia» zu Christos Gelas, der selber zur Hälfte Grieche ist.

Faszination Griechenland

Der 13-Jährige hat eine grosse Faszination für die Heimat seines Vaters. Auch für deren Geschichte interessiert er sich. «Gerade im Moment schreibe ich über das Byzantinische Reich.» Die Daten und Fakten übernimmt er aus Büchern und anderen Quellen, zusätzlich erfindet er jedoch eigene Charaktere und Handlungen. In den Sommerferien reist seine Familie - wie fast jedes Jahr - nach Griechenland in die Ferien. Darauf freut sich der junge Mann mit den halblangen, dunklen Haaren. «Ich mag die Hitze dort, denn das Meer ist nahe, und man kann sich jederzeit abkühlen.» Auch sonst drückt der grosse Stolz über seine Herkunft durch. Im Schlafzimmer hängt der handgeschriebene Text der griechischen Nationalhymne, natürlich in griechischen Lettern. Daneben die deutsche Übersetzung.

Noch mehr als auf die Ferien freut er sich auf den Schreibworkshop in Köniz, an dem der Zuger dank seines guten Wettbewerbsresultats teilnehmen darf. Während fünf Tagen dreht sich alles nur ums Schreiben. Es werden Texte geschaffen und neue Ideen vermittelt. Dabei werden die jungen Autoren von verschiedenen Schriftstellern und Journalisten betreut. Schon immer hat Sprache einen wichtigen Stellenwert in Christos Gelas’ Leben gehabt. Mit seinem Vater spricht er Griechisch, mit seiner Mutter Deutsch. Eine Wohnzimmerwand ist voller Bücher. «Ich habe, als die Kinder klein waren, oft Geschichten vorgelesen. Bis sie irgendwann selber lesen lernten», erklärt Sandra Gelas, die Mutter des jungen Schreibers. Wenn Christos’ Mutter so redet, muss ihr Sohn lachen: «Mein Vater wie auch meine Mutter behaupten jeweils, sie hätten mir das Schreib-Gen vererbt.»

Im Moment schreibe ich über das Byzantinische Reich.

CHRISTOS GELAS

Grosse Zukunftsvisionen

Eines seiner momentanen Lieblingsbücher sei das Buch «Es» von Stephen King. Doch ganz so brutal wie beim weltbekannten Horrorbuchautor geht es in Christos’ Geschichten nicht zu - obwohl der Zuger bereits die ersten Schreibversuche in der Gruselliteratur unternommen hat. Seine Geschichten behält der Jugendliche nicht ganz für sich allein: «Ich gebe die Texte oft meinen besten Freunden zum Lesen, und sie wiederum geben mir Rückmeldungen.» Ein Glück, dass Christos Gelas und seine drei besten Freunde im kommenden Schuljahr, nach dem Wechsel in die Sekundarschule, zusammen in einer Klasse bleiben.

Doch nicht nur für seine nahe Zukunft hat der Zuger eine Vision. Auch von der ferneren hat er bereits einige vage Vorstellungen. Am liebsten möchte er zuerst als Journalist arbeiten. Und irgendwann, es überrascht nicht, vielleicht gar Schriftsteller werden. «Mein zweiter Plan ist, dass ich nach Griechenland auswandere.» Auch das kommt nicht überraschend. (Valeria Wieser)