«Blasmusik ist nicht mehr cool»

Musik

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Ein engagierter Dirigent und Mitglieder, denen das Gesellschaftliche am Herzen liegt: Corinne Moser und Ramona Blattmann erzählen, wie es die Musikgesellschaft Menzingen auch nach 200 Jahren schafft, bei Jungen zu punkten.

  • Corinne Moser (links) und Ramona Blattmann musizieren seit der dritten Oberstufe in der Dorfmusik.
    Corinne Moser (links) und Ramona Blattmann musizieren seit der dritten Oberstufe in der Dorfmusik.

Menzingen – Einzelne Personen können die Entwicklung eines Vereins beeinflussen. Das sind dann Schlüsselpersonen, die eine besondere Aufgabe übernehmen, sich speziell für etwas einsetzen oder eine besondere Anziehung auf andere ausüben. Bei der Musikgesellschaft Menzingen ist Giovanni Capelli so eine Schlüsselperson. Da sind sich Corinne Moser und Ramona Blattmann einig. Die beiden Frauen musizieren seit der dritten Oberstufe in der Dorfmusik. Damals waren sie 16 Jahre alt. Bei Corinne Moser, Trompeterin, ist das 21 Jahre her, bei Ramona Blattmann, die Posaune spielt, 18 Jahre. Die Lehre, Ausbildungen, Familiengründung, Wegzug – nichts hat die beiden dazu verleitet, das Musikmachen im Verein aufzugeben.

In der Zwischenzeit haben sie auch organisatorische Aufgaben übernommen. Corinne Moser ist gegenwärtig Mitglied der Musikkommission und so mitverantwortlich für die Auswahl der Musikstücke. Ramona Blattmann wiederum ist im Vorstand und dort für die Mitglieder zuständig.

Der Dirigent ist auch Posaunenlehrer

Lieber als über ihr eigenes Engagement sprechen die beiden über das der anderen. Derjenige, welchen sie hervorheben, ist der Dirigent. Giovanni Capelli ist Posaunenlehrer an der Musikschule Menzingen-Neuheim. «Als wir vor einigen Jahren einen neuen Dirigenten für die Musikgesellschaft suchten, gingen wir auch aktiv auf ihn zu», erinnert sich Corinne Moser. Ein Glücksgriff, wie sich zeigen sollte. «Er bringt neue Ideen, das ist vor allem für die Jungen natürlich interessant.»

Das ist wichtig. Wie kann ein über 200 Jahre alter Verein, der von vielen Traditionen, gar «alten Zöpfen» geprägt ist, attraktiv für junge Musikantinnen und Musikanten bleiben? «Als Musiklehrer hat Giovanni einen direkten Kontakt zu den Blasmusikschülern und kann diese auch für die Musikgesellschaft begeistern.»

Vor kurzem sind so zwei junge Musikanten dazugestossen. «Es ist super, dass die beiden Jungs sich haben, aber es ist natürlich auch unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es ihnen bei uns wohl ist und sie sich zugehörig fühlen», sagt Ramona Blattmann. So habe sie selbst es damals erlebt. «Die routinierten Musikanten nehmen sich den neuen an, es wird zu ihnen geschaut und sich gekümmert.»

Das Gesellschaftliche, das Zusammensein sind wichtige Teile des Vereinslebens. Nach der Probe gehen viele Musikantinnen und Musikanten noch gemeinsam in die Beiz und bald steht eine Musikreise an. «Es ist selbstverständlich, dass auch die Jungen mitkommen.» Dieses Gefühl soll ihnen vermittelt werden. Die grosse Bandbreite an unterschiedlichen Menschen, sei es in Bezug auf das Alter oder den Beruf, mache einen Musikverein schliesslich aussergewöhnlich. «Hier treffe ich auf Menschen, mit denen ich sonst kaum in Kontakt kommen würde, und wir sprechen über Gott und die Welt», bringt es Ramona Blattmann auf den Punkt.

Auch die jungen Mitglieder oder neue Musikantinnen und Musikanten tragen dazu bei, dass das weiterhin so gelebt werden kann. Für einen so geschichtsträchtigen Verein ist es nicht ganz einfach, den gesellschaftlichen Wandel abzufedern. «Blasmusik ist nicht mehr so cool.» Das macht sich bei den Musikschülerinnen und Musikschülern bemerkbar. Eher als Trompeten und Saxofon stehen heute Schwyzerörgeli und Geige hoch im Kurs.

«Umso wichtiger ist es, dass wir die wenigen Blasmusikschülerinnen und -schüler spätestens nach dem Besuch der Musikschule für den Musikverein begeistern können.» Denn, da ist sich Ramona Blattmann sicher: «Wäre ich nicht im Dorfverein, würde ich kaum mehr Musik machen.»

Regelmässige Proben statt Unverbindlichkeit

Einige Neuheimerinnen und Neuheimer sind mit der Auflösung ihrer Blaskapelle vor knapp zwei Jahren zu den Menzingern übergelaufen. «Momentan geht es unserem Verein gut. Das Musizieren macht Spass und das Gesellschaftliche stimmt», freut sich Ramona Blattmann.

Die regelmässigen Proben und die fixen Anlässe bedeuten einen unbestreitbaren Kontrast zum gegenwärtigen Trend hin zu Freiheit und Unverbindlichkeit. «Bei bestimmten Anlässen gehört die Dorfmusik einfach dazu. Das sorgt auch für eine gewisse Festlichkeit», ist Corinne Moser überzeugt. Sie ergänzt: «Früher war es eine Ehre, die Uniform zu tragen. Heute ist es manchmal eher eine Art Pflicht.» Traditionen spielten eine grosse Rolle, «aber wir können auch anders. Das wollen wir den jungen Musikanten vermitteln», so Ramona Blattmann. Das liegt eben nicht nur in den Händen des engagierten Dirigenten. (Text von Carmen Rogenmoser)