Ein Tor zu einer anderen Welt

Musik

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Kevin Tarō Bicker und seine Crew haben in den Räumlichkeiten des ehemaligen Topas-Clubs in Zug eine Jazz-Bar eröffnet.

  • Betreiber Kevin Tarō Bicker will namhafte Acts in seinen Jazzclub locken. (Bild Mathias Blattmann)
    Betreiber Kevin Tarō Bicker will namhafte Acts in seinen Jazzclub locken. (Bild Mathias Blattmann)

Zug – «Es war mein grosser Traum, meine Vision, eine solche Bohème zu schaffen. Einen Ort, an dem Leute mit unterschiedlichstem Hintergrund zusammenkommen können», sagt Kevin Tarō Bicker. Der gross gewachsene junge Mann sitzt auf einem der breiten Ledersofas in einer Ecke seines Jazz-Clubs Hidén Harlekin. Das Licht ist gedämpft, auf den niedrigen Tischen brennen Kerzen und der Jazz, der mehr als Hintergrundmusik ist, kommt an jenem Abend von Vinylplatten.

Im Januar hat er das Lokal in den Räumlichkeiten des ehemaligen Topas-Clubs an der Bahnhofstrasse in Zug eröffnet. Seither wird hier regelmässig Live-Jazz gespielt. Dazu arbeitet Kevin Bicker unter anderem mit Jazz-Dozenten der Hochschulen in Luzern und Zürich zusammen. Auch Zuger Jazz-Grössen wie Roberto Bossard oder Roland von Flüe sind schon aufgetreten.

Nicht mehr lange ein Geheimtipp

Damit scheinen Bicker und seine Crew einen Nerv getroffen zu haben. «Viele Gäste kommen mehr als einmal, das freut uns besonders», sagt Bicker. Das Hidén Harlekin ist mehr als eine Musikbar. Inspiriert von der japanischen Jazz-Kissa-Szene hat der 30-Jährige eine «Oase im dynamischen Alltag» geschaffen.

«Jazz-Kissa waren in Japan in den 1940er- bis 1960er-Jahren gross», erklärt er. Damals war der Musikstil, wie vieles aus der westlichen Welt, in Japan verboten. Also fand der Jazz im Untergrund statt. Zu den Besuchern dieser illegalen Einrichtungen gehörte auch Bickers Grossvater. «Er hatte einen grossen Einfluss auf mich und weckte in mir schon in der Kindheit eine Faszination für den Jazz.»

Kissa bedeutet so viel wie Musik hören bei einer Tasse Tee. Der Sound steht im Mittelpunkt. Kevin Tarō Bicker ist in Japan und Zug aufgewachsen. Er hat viel aus Japan nach Zug mitgebracht. Davon berichtet auch der Name Hidén Harlekin: «Hidén bedeutet auf Japanisch Mysterium und Tor zur anderen Welt», erklärt Bicker und ergänzt: «Der Harlekin als theatralische Figur bewege sich ebenfalls zwischen zwei Welten.» Das Äquivalent aus der japanischen Mythologie ist der Fuchs, Kitsuné. «Deshalb auch der Fuchs als Holzdruck-Logo.»

Statt Tee werden im Hidén Harlekin allerdings erlesene Cocktails serviert. Zubereitet vom Chef de Bar, Pascal Schönenberger. Der Unterägerer hat seine Ausbildung in der Karibik gemacht. Er produziert die Sirupe, die für die Cocktails verwendet werden, selber. Momentan tüftelt er an einer Lavendel-Infusion. Dies mithilfe der beiden Bartender Brian Manguru und Madu von Doren.

Kevin Bicker hat die Schweizerische Hotelfachschule Luzern absolviert und ist als Art Director mit seiner Interior Design Firma «Studio Tarō» auch für die Einrichtung des Clubs zuständig. Er arbeite nach Wabi Sabi. Dieses japanische ästhetische Konzept widmet sich der Ansicht, Schönheit in jedem Aspekt der Unvollkommenheit in der Natur zu finden. «Zentral ist die Schönheit der Vergänglichkeit», präzisiert Bicker und ergänzt: «Mit alten Einrichtungsgegenständen, etwa den 100 Jahre alten Wandlampen, soll die Energie vergangener Zeitalter eingefangen werden.»

Das Konzept ist stimmig: Das verbaute dunkle Schweizer Eichenholz vom Zuger Unternehmen Luha Wood, Tapeten an den Wänden und Markisen über den Tischen verstärken die gemütliche Atmosphäre. «Man muss kein Jazz-Fan sein, um das zelebrieren zu können», präzisiert Bicker. Zumal sich das Programm nicht auf Jazz-Veranstaltungen beschränkt. So findet jeden zweiten Donnerstag eine Comedy Night statt.

Das Format hat sich innert kurzer Zeit zu einem Erfolg gemausert. Geholfen hat da wohl auch, dass der bekannte Komiker Rob Spence eines Abends im Publikum sass und spontan einen Kurzauftritt auf der Bühne hinlegte. Er vermittelt dem Hidén Harlekin nun bekanntere Comedians.

Nach wie vor gibt es aber auch ein Open Mic, das jedem die Möglichkeit für einen Auftritt gibt. «Diese Spontanität ist der Comedy und dem Jazz gemeinsam», so der junge Unternehmer. Bereits sind weitere Kollaborationen in Planung, etwa mit der Jazz Night Zug. Auch der Bossa Nova Club Schweiz, der seinen Sitz in Zug hat, ist auf Bicker zugekommen.

Eine «Goliat-Aufgabe» für den jungen Unternehmer

«Wir möchten für Gäste ab etwa 25 Jahren da sein», erklärt Bicker. Das bedeute nicht, dass jüngere grundsätzlich nicht hereingelassen werden, ein Verständnis für die Jazz-Kunst müsse aber spürbar sein. «Das braucht es, damit sich alle Gäste wohlfühlen.»

Den ehemaligen Nachtclub in eine Jazz-Bar zu verwandeln, sei eine «Goliat-Aufgabe», so Bicker. Unterstützt sei er dabei auch von Hans Bellmont, Erika Stalder und Roman Staub von der Landi Zugerland, denen das Gebäude gehört: «Sie haben von Anfang an meine Vision geglaubt.»

Kevin Tarō Bickers längerfristige Vision geht darüber hinaus. Die Bar soll sich nachhaltig und organisch entwickeln: «Ich wünsche mir, dass wir mit unserem Konzept auch eine neue Ära im Zuger Nachtleben einläuten.» (Text von Carmen Rogenmoser)

Hinweis
Im Hidén Harlekin (www.hidenharlekin.com) gibt es jeden Mittwoch und Freitag Live-Jazz. Am Samstag, 25. März, gibt es die erste Spezialausgabe mit DJ Landtwing und dem Pianisten Lukas Gernet. Das Label nennt sich Kitsuné.