Die Fotografin hinter den spektakulären Bildern

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Die Chamerin Heike Witzgall hat den ersten Platz beim renommierten «Colour Art»-Fotowettbewerb gewonnen.

  • Die Chamer Fotografin schafft es, mit nur einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. Das Foto oben rechts ist das Siegerbild des Wettbewerbs. Heike Witzgall war auch für das Styling und Make-up verantwortlich. Bilder: PD/Heike Witzgall Die Chamer Fotografin schafft es, mit nur einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. Das Foto oben rechts ist das Siegerbild des Wettbewerbs. Heike Witzgall war auch für das Styling und Make-up verantwortlich. Bilder: PD/Heike Witzgall Die Chamer Fotografin schafft es, mit nur einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. Das erste Foto ist das Siegerbild des Wettbewerbs. Heike Witzgall war auch für das Styling und Make-up verantwortlich. (Bilder PD/Heike Witzgall)
    Die Chamer Fotografin schafft es, mit nur einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. Das Foto oben rechts ist das Siegerbild des Wettbewerbs. Heike Witzgall war auch für das Styling und Make-up verantwortlich. Bilder: PD/Heike Witzgall Die Chamer Fotografin schafft es, mit nur einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. Das Foto oben rechts ist das Siegerbild des Wettbewerbs. Heike Witzgall war auch für das Styling und Make-up verantwortlich. Bilder: PD/Heike Witzgall Die Chamer Fotografin schafft es, mit nur einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. Das erste Foto ist das Siegerbild des Wettbewerbs. Heike Witzgall war auch für das Styling und Make-up verantwortlich. (Bilder PD/Heike Witzgall)

Cham – Treffpunkt mit der preisgekrönten Fotografin Heike Witzgall ist im «Sihlcity» in Zürich. Wie derzeit überall zu sehen, auch in diesem Shoppingtempel: Menschen mit Masken, die unentwegt Selfies von sich schiessen. Jeder fotografiert irgendwo irgendwie, so scheint es. Braucht es da noch «richtige» Fotografinnen?

Heike Witzgall ordert einen Kaffee und ein Mineralwasser. Sie trägt eine beige Jacke, die Haare kurz, dazu dezente goldene Kreolen und ein weisses Hemd. So spektakulär und manchmal auch laut ihre Fotos sind, so wohltuend leise ist sie selbst als Person. Heike Witzgall setzt sich und zückt ihr iPad. Bereits ihr erstes Bild, welches sie in dieser digitalen Form präsentiert, zeigt, dass die Frage nach «richtigen Fotografen» überflüssig ist: Denn nicht nur Technik und Equipment machen ein gutes Bild aus, sondern auch Kreativität, Mut und Bildaufbau. «Zwischen ‹richtiger› und ‹nicht richtiger› Fotografie zu unterscheiden, wäre vermessen und nicht mehr zeitgemäss», sagt die 49-jährige Berufsfotografin und scrollt durch einen der Bildordner.

«In unserer Welt hat jede Form der Kreativität Platz und somit auch ihre eigene Existenzberechtigung. Die Grenzen zwischen Profi- und Amateurfotografie verschwimmen, noch bevor wir das Wort ‹Handykamera› überhaupt ausgesprochen haben», stellt sie lachend fest, macht eine kurze Pause und zeigt dann auf ein Bild, welches auf den Betrachter absolut faszinierend wirkt. Ein junger Mann, bewaffnet mit einer Kalaschnikow. Daneben eine weisse Taube. Der Gesichtsausdruck des jungen Kriegers verrät, dass er mit der ganzen Situation offenbar nicht zurechtkommt. Ob es ihn stört, dass er kämpfen muss, oder aber ob es ihn ärgert, dass ihm die Taube einen Strich durch die Rechnung macht, bleibt dem Betrachter überlassen. Das ganze Bild entstand ohne digitale Bearbeitung, die Taube war echt und machte just in jenem Moment das, was sie auf dem Bild tut: Sie ist eine – wie man neudeutsch sagen würde – «Fotobombe». Spätestens hier zeigt sich, warum die Bilder einer Heike Witzgall so speziell sind: Bei fast jeder Fotografie ist nebst dem Offensichtlichen noch eine zweite oder gar dritte «Ebene» zu sehen. Solche Bilder regen zum Nachdenken an, und genau diese Art von Fotografie ist dann eben mehr als nur «Fötele».

Frau mit Hut oder Hut mit Frau?

Heike Witzgall gewann mit einem doch eher speziellen Porträt den «Colour Art Photo»-­Wettbewerb. Diese renommierte Vereinigung der Berufsfotografen umfasst rund 1000 Fotostudios in 12 europäischen Ländern und schreibt jedes Jahr einen Wettbewerb im Bereich Porträtfotografie aus. Auf die Entstehung des Siegerbildes angesprochen, lacht Heike Witzgall und erklärt: «Entstanden ist das Foto verhältnismässig unspektakulär: Jedes Jahr habe ich für mich ganz persönlich ein bestimmtes Lernziel, das ich mir jeweils im Vorjahr setze. Für 2017 – aus diesem Jahr stammte das eingereichte Foto – lautete dieses Lernziel, eine Ausbildung zur Make-up-Artistin in Angriff zu nehmen. Das Foto war meine Abschlussprüfungsarbeit zur Visagistin. Thema hierfür war, ein Styling zum Thema ‹Grüne Woche› zu kreieren.» Heike Witzgall hatte bei diesem Bild den Hut aus einem Lampenschirm gebastelt und zeichnete sich nicht nur für die Idee, sondern auch für Styling und Make-up verantwortlich.

Ein anderer Blick auf den Alltag

Schaut man sich die Bilder von Heike Witzgall an, fällt auf, wie klar diese im Aufbau sind und wie verblüffend anders der Alltag durch die Augen der Fotografin gesehen werden kann. Eindrücklich beispielsweise das Foto mit dem Kind: Das Mädchen wirkt unglaublich erwachsen – die Schnüre an der Hand erinnern an eine Marionette, das Mädchen zeigt sich komplett emotionslos und fremdgesteuert. So sanft normalerweise junge Personen auf Bildern wirken, in dieser Inszenierung ist nichts davon zu sehen.

Ein Fotograf bringt in seine Werke immer auch ein ganzes Stück der eigenen Identität ein. Heike Witzgall schafft es offenbar, sich jeweils so in eine Situation versetzen zu können, dass dies die Person auf dem Foto ebenfalls kann; entsprechend schafft sie es, mit nur einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. «Ein gutes Foto zu schiessen und zu bearbeiten, braucht Motivation, Durchhaltewillen, das technische Know-how», erklärt sie und fügt an: «Und natürlich ein passendes Mind-set sowie ein Mindestmass an Talent». Bei Heike Witzgall besteht dies nicht nur aus einem «Mindestmass», wie ihre Bilder eindrücklich beweisen. (Haymo Empl)