Die Rolle Zugs in Guisans Reduit

Dies & Das

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Mit einem aufwendig erarbeiteten Lehrmittel soll bei den Jungen das Interesse für ein Stück verkannte Schweizer Geschichte geweckt werden. Der Kanton Zug liefert dafür ein besonders gutes Beispiel.

Zug – Im Zweiten Weltkrieg galt die Schweiz als neutrale, unbeteiligte Insel. Der Alpenstaat ist fast vollständig von den Kriegshandlungen verschont geblieben, welche über Jahre in Resteuropa getobt haben. Doch war dies nicht etwa eine Fügung des Schicksals oder einfach nur Glück, sondern es war, was heute weitgehend verkannt wird, mit viel diplomatischem Geschick und militärischem Aufwand verbunden, dass die auf sich völlig allein gestellte Schweiz ihre Neutralität und Souveränität wahren konnte. Und doch schwebte permanent die Gefahr über der Eidgenossenschaft, dass sie doch noch mit in den Krieg hineingezogen werden könnte.

Angesichts dessen wappnete sich das Land, indem es in der Alpenregion ein ausgedehntes System an Verteidigungsanlagen errichtete: das sogenannte Schweizer Reduit. Zahlreiche Bunker, Feuerstellungen und Panzersperren bildeten ein hocheffizientes militärisches Abwehrsystem für den Ernstfall, der glücklicherweise nicht eintraf. Im Mai 1945 war der Krieg in Europa vorbei, und die Anlagen des Reduits versanken allmählich in einen Dornröschenschlaf.

Kulturgut erhalten und wahrnehmen

Der Kanton Zug nahm bezüglich des Reduits eine besondere Stellung ein, erachtete der Schweizer General Henri Guisan die Region zwischen Zuger- und Zürichsee doch als besonders gefährliche potenzielle Eintrittsstelle zum Alpenreduit, weshalb im Kanton Zug ein dichtes Netz von rund 160 Abwehranlagen errichtet worden ist. Und auch von diesen haben viele die Zeit überdauert und schlummern bis heute hinter unauffälligen Türen im Berg.

Die 1994 gegründete Militärhistorische Stiftung des Kantons Zug (MHSZ) pflegt und betreut dieses Kulturerbe der jüngeren Schweizer Geschichte. «Gemäss dem Motto ‹Gestern geheim, heute Kultur› möchten wir verhindern, dass diese Relikte durch die komplette Desarmierung verschwinden», beschreibt Stiftungspräsident Beat Baumann eine der wichtigsten Bestrebungen der MHSZ. Und um dies langfristig sicherzustellen, soll auch die junge Generation, in deren Köpfen der Zweite Weltkrieg schon viel weiter zurückliegt als bei ihren Vätern und ihren Grossvätern, auf die Existenz und die Bedeutung dieses militärhistorischen Kulturgutes im Kanton Zug aufmerksam gemacht werden.

Es gedieh die Idee, ein auf Schüler zugeschnittenes Lehrmittel über die Schweiz im Zweiten Weltkrieg und insbesondere die Rolle des Kantons Zug im Reduit Schweiz zu erstellen. Schliesslich ergriff Sepp Born, Chef Festungen MHSZ, die Initiative. Unter Beachtung des päd­agogischen Aspekts wurde die Fülle an hochkomplexem Fachwissen auf eine für Mittel- und Oberstufenschüler verständliche Ebene heruntergebrochen. «Es ist auf eine leicht verständliche Weise zusammengefasst, sodass die Schüler Freude daran haben, wenn sie damit arbeiten», sagt Stephan Hug von der Betriebsgruppe Festungen und fasst den Aufbau der grafisch und textuell ausgewogen konzipierten Publikation, die am Mittwoch in Cham vorgestellt wurde, zusammen: Auf eine Einleitung über die Schweiz zur Zeit des Zweiten Weltkriegs folgt ein Abschnitt über die Bedeutung des Reduits im Kanton Zug. Schliesslich werden die Festungswerke und die Ausrüstung sowie das Leben in den Bunkern beschrieben.

Für den pädagogisch-didaktisch sinnvollen Aufbau stand dem Autorenteam Tanja Dettling als Lehrperson mit Rat und Tat zur Seite. «Es ist wichtig, dass die Schüler angeregt werden, den vermittelten Stoff auch zu hinterfragen und gedanklich weiterzuführen. Ich bin überzeugt, dass wir angesichts der Komplexität nun ein gut verständliches Dossier vorliegen haben, welches sich für das junge Zielpublikum bestens eignet.» Um die Vermittlung innerhalb der Klassen den Lehrpersonen zu erleichtern, hat die MHSZ neben dem Lehrmittel für Schüler (grün) ein Exemplar für Lehrer (blau) erarbeitet, in dem ihnen weitere Ausführungen und Präzisierungen ein praktisches Instrument bieten, den Stoff effizient zu unterrichten.

Auf Spurensuche – auch direkt vor Ort

Der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss würdigt den Effort der MHSZ. «Es ist eine gute Sache, dass die Zuger Schüler sich nun so auf Spurensuche begeben können, denn Geschichten von früher faszinieren jeden. Auch wenn es Geschichten sind, bei denen man sich mit Gewissensfragen auseinandersetzen muss.»

Und da sich die Anlagen, um die es in der Publikation geht, geografisch in greifbarer Nähe befinden, ist es ebenso naheliegend, dass die Schüler und auch alle anderen, die sich für die Thematik interessieren, die besagten Orte besuchen. Im Rahmen von Führungen durch die MHSZ ist dies möglich. (Andreas Faessler)

Hinweis
Die beiden Lehrmittel sind als PDF für jedermann zugänglich unter www.mhsz.ch