Sie brachte das bewegte Bild nach Zug

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Zum 100-Jahr-Jubiläum der Zuger Kinos rollen wir die Geschichte der Cineastin auf, die das Kino nach Zug brachte.

  • Das einstige Grand Cinema (Eröffnung 1923) und heutige Kino Gotthard, dessen Gebäudeseiten als Werbeflächen vermietet wurden. Das angrenzende Wohnhaus kam erst später dazu. (Bild zvg)
    Das einstige Grand Cinema (Eröffnung 1923) und heutige Kino Gotthard, dessen Gebäudeseiten als Werbeflächen vermietet wurden. Das angrenzende Wohnhaus kam erst später dazu. (Bild zvg)

Zug – In rund zehn Tagen feiert die Kino Hürlimann AG hundert Jahre Kinokultur in Zug mit einem mehrtägigen Programm. In der heutigen Zeit ist das Staunen und Befremden von damals über die bewegten Bilder auf einer Leinwand, die der Film und die Kinos um 1900 auslösten, nur schwer vorstellbar. Das Kino als Attraktion spielte sich in der Frühphase des Films vor allem auf Jahrmärkten ab. Dies galt auch für die Region Zug.

Die Hürlimann-Firmengeschichte wurde von einem ihrer Mitarbeiter und Historiker, Leander Diener, recherchiert und detailliert aufgearbeitet. Die Geschichte des Kinos Gotthard, des ältesten Kinos in Zug und eines der ältesten noch bestehenden Kinos in der Schweiz, ist eng mit der Geschichte einer Frau verbunden: Veronika Schweikher (1891–1975), schreibt Diener in seiner Recherchearbeit.

Als kleines Mädchen schon soll Veronika Schweikher ihre Liebe zum Film entdeckt haben. Gemeinsam mit ihrem Mann, nun als Veronika Hürlimann-Schweikher, zog sie später nach Baden, wie sich Sohn Albert Hürlimann in der Aufarbeitung von Diener erinnerte. In Baden lernte Veronika Hürlimann-Schweiker den Filmpianisten und Kinobesitzer René Marchal kennen.

Nach Zürcher Vorbild waren dort ab 1910 mehrere Kinos entstanden, in einem davon arbeitete Marchal als Pianist. Kurz nach Eröffnung verkaufte die Besitzerin ihr Kino 1913 an Marchal. Weil Hürlimann-Schweikher von einem eigenen Kino träumte, machte sie mit Marchal gemeinsame Sache. Die Familie Hürlimann hatte Baden unterdessen verlassen und war nach Zug gezogen, weshalb auch hier ein Kino gebaut wurde.

Ende der Zusammenarbeit mit Marchal

Am Dienstag, 13. November 1923, fand die erste Filmaufführung im Grand Cinema, dem heutigen Kino Gotthard, statt. Es handelte sich um eine geschlossene Vorstellung, an der Behördenmitglieder, öffentliche Körperschaften, Vereine und weitere Persönlichkeiten aus Zug anwesend waren, wie Historiker Leander Diener in seiner Recherchearbeit festhält. Der erste Tonfilm wurde in Zug erst 1930 gezeigt. Zu sehen war der Film «Die Elektrifikation der Bundesbahnen», begleitet von einem Referat des Ingenieurs Franz Graf. Ausserdem bekamen die Gäste einen Film über Walliser Bräuche und eine Literaturverfilmung von Gottfried Keller zu sehen.

Doch die Zusammenarbeit zwischen Hürlimann-Schweikher und Marchal verlief nicht harmonisch. Als bei der Eröffnung auch noch der Filmprojektor nicht richtig funktionierte und Marchal sich nicht darum kümmerte, war das Fass voll. Laut der Recherche von Diener trat Marchal seinen Geschäftsanteil am Grand Cinema Zug für 30000 Franken ab.

Geschäftsübergabe an Bruno Ulrich

Weil das Kino eine rasant wachsende Unterhaltungsbranche war, plante Hürlimann ein weiteres Kino mitten in Zug, geht aus der Arbeit von Diener hervor. Auch ihr Sohn Albert Hürlimann (1918–2011) stieg ins Geschäft ein. Er hatte in Zürich das Filmhandwerk gelernt. Weil Albert Hürlimanns Frau Künstlerin war und er auch eine Affinität zur Kunst besass, entstand im neuen Kino Seehof 1948 die erste Kunstgalerie in Zug. 1956 fand die Eröffnung des Cinéma Lux in Baar statt.

Als Veronika Hürlimann-Schweikher am 10. Dezember 1975 verstarb, verstummte eine energische Kämpferin des Kinostandorts Zug. Ab 1976 pachtete Bruno Ulrich die Zuger Kinos. Mit ähnlicher Verve wie Hürlimann-Schweikher trat er für qualitativ hochwertige Filme ein. Ulrich war es auch, der 1996 in Zug ein Open-Air-Kino realisierte. Um die Jahrtausendwende ging die Geschäftsführung von Bruno Ulrich auf seinen Sohn Thomas Ulrich über. (Text von Tijana Nikolic)