Sie liefert Futter für Bücherwürmer

Literatur & Gesellschaft

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Seit Anfang Juni stehen an drei Standorten Bücherhäuser. Die Initiantin Silvia Wild-Iten erklärt, was es mit der Idee auf sich hat.

  • Silvia Wild-Iten vor der meist frequentierten Mini-Bibliothek beim Schiffsteg. (Bild Maria Schmid)
    Silvia Wild-Iten vor der meist frequentierten Mini-Bibliothek beim Schiffsteg. (Bild Maria Schmid)

Unterägeri – In einem Buch zu lesen, heisst, in eine andere Welt einzutauchen. Den hektischen Alltag vergessen und etwas fürs Gemüt tun. Für die Unterägererin Silvia Wild-Iten sind diese Gründe ausschlaggebend, weshalb sie selbst gerne liest und mehr noch: «Ich bin eine verrückte Buchbesitzerin», sagt sie mit Stolz. Diese Leidenschaft will sie nun mit ihren Mitmenschen teilen. Seit Anfang Juni unterhält sie drei Bücherhäuser in Unterägeri – beim Schiffssteg, im Birkenwäldli beim Bogenbrüggli und am Lorzenfussweg, Höhe des Kindergartens Zimmel. «Der Standort beim Schiffssteg wird am meisten frequentiert, da hier viele Leute beim Warten auf ein Schiff in den Büchern stöbern», erzählt Wild. Die holzigen Häuschen in den Farben des Dorfwappens mit Glastüren und Giebeldach bieten Platz für rund 35 Bücher. Hergestellt hat sie die Zuwebe (Zuger Werkstätten für Behinderte). «Da kamen sehr viele Ideen, und wir haben lange an der Ausführung getüftelt. Die Häuschen gefallen mir sehr», lobt Wild das Endergebnis und die besonders gute Zusammenarbeit.

Sitzbänke sind in der Nähe

Die 61-Jährige erklärt, wie die Bücherhäuser funktionieren: «Wenn jemandem das Buch gefällt, kann derjenige es gerne nach Hause nehmen und ein neues bringen.» Eine weitere Möglichkeit ist, sich den Lesestoff daheim gemütlich auf dem Sofa zu Gemüt zu führen und ihn später wieder zurückzubringen. Die Mini-Bibliotheken stehen neben Sitzbänken, die dazu einladen, auch einfach im Buch zu schmökern und es danach gleich wieder zurückzulegen. «Es funktioniert sehr gut. Es freut mich sehr, dass so viel gelesen wird», stellt Wild fest.

Idee aus Übersee

Sie selbst sei seit jeher eine Büchernärrin gewesen, und als es im Januar an den Umzug ging, habe es sie nicht überrascht, dass mehrere hundert Bücher über die Jahre zusammengekommen waren, ein Teil davon musste sie schweren Herzens entsorgen. «Leider kam die Idee von den Bücherhäusern erst ein wenig später», sagt Silvia Wild und lacht über sich selbst. Zum ersten Mal aufgefallen, war ihr ein Bücherhaus im Garten eines Hotels im Appenzell. Als ihr Mann Hans sie auf einen Zeitungsartikel über den Gründer der Bewegung «Little free Library» in den USA aufmerksam machte, war Silvia Wild davon völlig begeistert: «Schon im Februar fragte ich bei der Gemeinde an, ob so etwas auch in Unterägeri möglich wäre.» Dort stiess der Bücherwurm auf offene Ohren. «Die Gemeinde erklärte sich sogar bereit, die Kosten von 430 Franken für ein Haus zu übernehmen.» Weiter hat die Korporation Unterägeri und Silvia Wild selbst ein Häuschen spendiert.

So schnell wie erhofft ging es dann doch nicht: «Ich musste eine Baubewilligung einreichen – Ende Mai bekam ich das Okay auch vom Kanton.» Sofort machte sich Wild ans Bestücken der Mini-Bibliotheken. Die Bücher dafür bekommt sie von der Halle 44 in Baar. Diese haben einen Bücherservice, wo die Bücher, die bei den Werkhöfen im Kanton Zug im Müll landen, ein neues Zuhause finden. Mit den Betreibern hat Silvia Wild ein spezielles Abkommen: Sie darf dort für ihre Mini-Bibliotheken Bildbände, Romane oder Kindergeschichten aussuchen. «Ich bin für dieses Übereinkommen sehr dankbar», sagt die enthusiastische 61-Jährige.

Dicke Bücher durch dünne ersetzen

Nun geht Silvia Wild jede Woche ein bis zwei Mal zu den Mini-Bibliotheken, um dort nach dem Rechten zu sehen: «Ich nenne das korrigierendes Eingreifen», erklärt sie schmunzelnd. Das heisst, dass beispielsweise nichtjugendfreie Titel verschwinden oder Bücher über 500 Seiten durch dünnere ersetzt werden. «Aus Platzgründen», erklärt sie. «So kann ich ein vielseitiges Angebot schaffen.» Besonders oft muss sie Kinderbücher nachfüllen, da es plötzlich keine oder nur noch wenige hat. «Das ist absolut in Ordnung. Ich habe mich daran gewöhnt, immer Kinderbücher dabei zu haben.»

Bis zum Winter bleiben die Häuser

Die Saison der Holz-Bibliotheken läuft noch bis zum ersten Schneefall, dann werden sie abgeräumt und bis Frühling in einem Depot eingelagert. Silvia Wild versichert schmunzelnd: «Momentan bleibe ich noch bei den drei Standorten. Ich kann mir aber gut vorstellen, im Dorf noch weitere Bücherhäuser aufzustellen.» (Andrea Muff)