Mit Lehm in die Zukunft

Kunst & Baukultur

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Das Ziegelei-Museum in Hagendorn feierte vergangenen Samstag gleich zwei Eröffnungen. Anwesende waren voll des Lobes.

  • Gut 100 Studierende haben am Ofenturm mitgewirkt. (Bild Maria Schmid)
    Gut 100 Studierende haben am Ofenturm mitgewirkt. (Bild Maria Schmid)

Hagendorn – Ein wenig abweisend steht der Ofenturm auf der Wiese vor dem Ziegelei-Museum: ein wuchtiger, grauer Block, der an einen Wachturm erinnert, zehn Meter hoch, dreizehn Meter lang, vier Meter breit. Doch der Lehmbau stellt keine Bedrohung dar, im Gegenteil.

Regierungsräte, Lokalpolitiker, Architektinnen und Architekten sowie das Team des Ziegelei-Museums waren voll des Lobes, als der Aussichtsturm am Samstag eröffnet wurde: «einzigartig», ein «historischer Moment», ein «Meilenstein von nationaler und internationaler Ausstrahlung».

Bauweise spart bis zu 50 Prozent CO2

Was den Ofenturm besonders macht, ist seine Bauweise mit Stampflehm; eine längst vergessene Bautechnik, verdrängt vom Beton. Lehm hat jedoch in den vergangenen Jahren die Aufmerksamkeit der Architekturwelt auf sich gezogen, auch wegen des Klimawandels. «Im Vergleich zum Betonbau spart ein Stampflehmbau 30 bis 50 Prozent CO2», erklärt Architekt Roger Boltshauser von der Zürcher Boltshauser Architekten AG.

Er ist der geistige Vater des Ofenturms. Während einer Gastprofessur in München 2017 plante Boltshauser mit Studierenden einen Aussichtsturm für das Ziegelei-Museum, der dann mit Studierenden der ETH Zürich umgesetzt wurde.

Der Ofenturm verknüpft dabei die traditionelle Bauweise mit technischer Innovation: Die Wandelemente wurden vorfabriziert und in Hagendorn zusammengesetzt. Dicke Zugstäbe an den Seiten ermöglichen es, mit Lehm hoch und erdbebensicher zu bauen. Über 100 Studierende hätten sich beteiligt, schätzt Boltshauser, auch die Liste der Sponsoren und unterstützenden Unternehmen ist lang. Judith Matter, stellvertretende Museumsleiterin, sagt: «Am Anfang konnten wir uns kaum vorstellen, dass der Ofenturm tatsächlich realisiert wird. Es brauchte viel Goodwill.»

Nun konnten die Regierungsräte Stephan Schleiss und Florian Weber mittels einer Kurbel die Türe zum Ofenturm heben. Ein bis zur Decke offener, nüchterner Raum empfängt einen, die Sonne scheint durch die schmalen Fugen – so alt die Technik, so modern mutet die Ästhetik an. Im Innern sollen bald Informationen zum Ofenturm angebracht werden. «Wir wollen zuerst das Gebäude präsentieren», sagt Museumsleiterin Matter. Und es kennen lernen, herausfinden, was möglich ist. «Vielleicht können wir neben Ausstellungen auch Konzerte durchführen», sinniert sie. Eine steile Wendeltreppe führt auf die Aussichtsplattform, von welcher aus man das Naturschutzgebiet und die Ziegelhütte, die einstige Ziegelei, sieht. Deren historischer Brennofen kann aus feuerpolizeilichen Gründen nicht mehr benutzt werden. Dafür beherbergt nun der Ofenturm einen Brennofen für Ziegel.

Ausstellungen zum nachhaltigen Bauen

Während der Ofenturm in die Höhe strebt, findet sich im Untergeschoss des Ziegelei-Museums eine weitere Ausstellung zum nachhaltigen Bauen: «Basehabitat – Architektur für Entwicklung». Basehabitat heisst ein Studio, das der Studienrichtung Architektur an der Kunstuniversität Linz angegliedert ist. Seit 15 Jahren realisiert es Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländer, klimagerecht und unter Förderung lokaler Baumaterialien wie Bambus Lehm.

Zwar war die Ausstellung bereits im vergangenen Jahr zu sehen, aber man habe die Ausstellung bis am 17. Oktober verlängert, erklärt Judith Matter. Auch, weil sie thematisch so gut zum Ofenturm passe. Letzterer wird indes länger stehen bleiben als bis im Herbst, gemäss Vorgaben zehn Jahre, danach müsste er wieder abgebaut werden. Die Beteiligten geben sich aber zuversichtlich: Ein zukunftsorientiertes Projekt wie der Ofenturm wird auch danach eine Zukunft haben. (Tobias Söldi)