In die Ferien mit dem Plüschdromedar

Dies & Das

,

Der Zuger Geschichtenerzähler Severin Hofer erlebte auf seiner Reise unterschiedlichste Reaktionen: von viel Interesse bis zur Abneigung.

  • Warten auf den nächsten Zug: Das «Haustier» von Severin Hofer sorgt überall für ein Lächeln bei den Passantinnen und Passanten. (Bild Stefan Kaiser)
    Warten auf den nächsten Zug: Das «Haustier» von Severin Hofer sorgt überall für ein Lächeln bei den Passantinnen und Passanten. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – «Mich interessierte, welche Arten von Begegnungen durch diese Aktion entstehen können», sagt Severin Hofer. Der 28-Jährige sitzt im «Pattern» beim Bahnhof Zug und nippt an einer Cola. Neben ihm: Ein metergrosses Plüschdromedar.

Dieses nahm der Stadt­zuger kürzlich mit auf eine Mini-Tour de Suisse: Fünf Tage lang durchquerte das ungewöhnliche Duo die nähere Umgebung. Dabei erlebte der Kindergärtner unterschiedlichste Reaktionen.

Unerwartet in die Schule eingeladen worden

In Bünzen erschrickt die Verkäuferin im Volg so sehr ab dem Dromedar, das um die Ecke geschoben wird, dass sie vor Schreck aufschreit. Danach will sie unbedingt ein Selfie mit dem exotischen Besucher. Ein Lehrer, der in der Schlange vor der Kasse steht, interessiert sich kurz darauf derart für das Plüschtier, dass er Severin Hofer in seinen Unterricht einlädt. In eine Lektion, die 30 Minuten später beginnt.

Eine positive Erfahrung machten die beiden Reisenden in Lenzburg: Dort kommt der 28-Jährige im Café mit einer Frau ins Gespräch. «Sie fragte mich nach den Reaktionen der Menschen und wollte so wahrscheinlich herausfinden, wie tolerant die Gesellschaft wirklich ist.» Er glaube, die ältere Frau wäre eine der wenigen Leute gewesen, die so eine Aktion auch gerne machen würde. Vielleicht war das Gespräch genug Inspiration für einen eigenen Stunt, mutmasst Hofer und lächelt zufrieden.

Zu einer Herausforderung wurde der Aufenthalt des ungewöhnlichen Duos in Lenzburg: Obwohl Severin Hofer zufällig zur selben Zeit anreist, in der ein sogenanntes Gauklerfestival stattfand und deshalb völlig unauffällig bleibt, findet er keine Übernachtungsmöglichkeit. Die Hotels sind voll. Die Menschen, die Hofer anhaut, zeigen sich zwar interessiert an seinem Dromedar, aber: «Ich war schlussendlich immer noch ein erwachsener Mann mit einem Plüschtier – das ruft Skepsis hervor.» Schliesslich kommt er im Garten einer alten Villa unter.

Die negativste Erfahrung machte Hofer auf dem Weg nach Dietikon: Am Tag der Street Parade war der Zug rappelvoll und der Geschichtenerzähler wird dauernd angepöbelt, unter anderem von einem schrankbreiten Berliner, der wissen will, ob Hofer noch alle Tassen im Schrank habe. Doch dieser bleibt cool, schenkt dem Pöbler seinen Filzhut und erreicht sein Ziel unversehrt.

Der Geschichtenerzähler postete während der fünf Tage seine Erlebnisse auf Instagram. Die Begegnungen sollen jetzt in ein Kunstprojekt fliessen. Zudem liess Hofer eine Serie von Postkarten anfertigen, die das Dromedar und ihn zeigen – in Zug. Was zieht der 28-Jährige für ein Fazit? «Man sagt immer, Zug sei konservativ – ich erlebte hier aber viele positive Reaktionen. Und im urbanen und bunten Dietikon traf ich – unter anderem – auf sehr skeptische Blicke.» Er habe gemerkt: «Offenheit ist nicht eine Frage des Orts, sondern der persönlichen Haltungen der Leute.» (Text von Fabian Gubser)

Hinweis
Einen Rückblick auf die Reise mit seinem Dromedar gibt Severin Hofer am Donnerstag, 22. September, um 20 Uhr im «Paettern», Alpenstrasse 13. Eintritt frei. Platzreservation: info@paettern.ch