Sie stellt 300 Fragen an das Gehirn

Literatur & Gesellschaft

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Die Steinhauserin Barbara Schmutz hat ein Buch veröffentlicht, in dem sie sich mit dem komplexesten Organ befasst.

  • Barbara Schmutz sprach für ihr Buch mit 17 Fachleuten. Sie gibt deren Antworten in allgemein verständlicher Sprache wieder. (Bild Maria Schmid)
    Barbara Schmutz sprach für ihr Buch mit 17 Fachleuten. Sie gibt deren Antworten in allgemein verständlicher Sprache wieder. (Bild Maria Schmid)

Steinhausen – Das Hirn arbeitet Tag für Tag, rund um die Uhr. Selbst beim Schlafen gönnt sich dieses Wunderwerk keine schöpferische Pause. Dann laufen einfach andere Prozesse in der Schaltzentrale des Menschen ab. Obwohl es im deutschsprachigen Raum einige Literatur zum Gehirn gibt, hat es die 58-jährige Journalistin Barbara Schmutz aus Steinhausen mit ihrem Buch «Brainstorming – 300 Fragen ans Gehirn» geschafft, eine Lücke zu füllen: Dies, weil die Antworten der Forscherinnen und Forscher in einer allgemein verständlichen Sprache verfasst sind.

Bei der Auswahl der Hirn-Experten habe sie freie Hand gehabt: «Die Interviews mit den Gehirnforscherinnen und Gehirnforschern waren eine Freude. Sie alle erklärten mir ihr jeweiliges Fachgebiet so gut, dass ich heute eine Ahnung davon habe, wie unser Gehirn funktioniert.» Nur eine Anfrage bei einem Forscher ging ins Leere. Die 17 Wissenschafter hat Barbara Schmutz nach Möglichkeit persönlich getroffen.

Wenn einem das Wort auf der Zunge liegt

Wie schaffte es die Autorin über 300 verschiedene Fragen zum Thema Gehirn zu formulieren? Sie habe verfügbare Literatur zum Thema konsultiert. Daraus ergab sich ein Grundgerüst für den Fragenkatalog. Schmutz sagt: «Aus Antworten der Expertinnen und Experten haben sich immer wieder neue Fragen ergeben.» Bei der Auswahl der Fachleute hat Barbara Schmutz auch darauf geachtet, dass möglichst viele Aspekte der Gehirnforschung zum Zuge kommen.

Dem deutschen Neurowissenschafter Boris Nikolai Konrad (38) stellte Schmutz die Frage, was im Gehirn passiere, «wenn jemandem ein Wort auf der Zunge liegt». Konrad spricht von Verbindungen, die durch andere Vorgänge stark aktiviert seien: «Je mehr ich über das Wort nachdenke, das mir auf der Zunge liegt, desto länger bleiben die bestehenden Verbindungen aktiviert und desto kleiner wird die Wahrscheinlichkeit, einen Ausweg zu finden.» Deshalb helfe es, in einer solchen Situation etwas «anderes zu denken».

Eine andere Frage von Barbara Schmutz lautete: «Wieso lernen junge Menschen einfacher als ältere?» Peter Klaver, ein Experte für Lernprozesse, der an der Universität Zürich lehrt, sagt dazu: «Bei jüngeren Menschen haben die Nervenzellen erst wenig Lerneindrücke gesammelt, sie sind deshalb offen für Neues.» Im Gegensatz hätten Erwachsene schon viele Bahnen. An diesen «Verbindungen etwas zu ändern oder gar neue zu machen» bereite älteren Personen grosse Mühe.

Mit dem Hirn über das Hirn nachdenken

Was die Lektüre von «Brainstorming – 300 Fragen an das Gehirn» erleichtert, ist die Menge der Fragen. Diese haben immer einen inneren Zusammenhang. Der Leser kann aber nach jeder Antwort den Lesefluss unterbrechen, ohne gleich den roten Faden zu verlieren. Fussnoten gibt es sehr wohl, aber sie nehmen nicht überhand. Über die interviewten Wissenschafter finden sich jeweils nach dem Ende einer Fragerunde interessante Angaben zur Person des Experten. Barbara Schmutz hatte bei deren Auswahl vom Verlag her freie Hand.

Wer ein Buch schreibt und herausgibt, steht oftmals im Regen, was dessen Akzeptanz betrifft. Diesbezüglich hat Schmutz Glück gehabt: «Ich erhielt positive Rückmeldungen.» Einige der Leser seien zu ihr gekommen und hätten ihr erzählt, dass «sie noch nie ans Hirn gedacht hätten». Dabei ist das Denkzentrum des Menschen einzigartig. Die Autorin des Buchs über das Gehirn erwähnt noch eine andere Besonderheit: «Das Hirn ist ein Organ, über das wir mit dem Hirn nachdenken.»

Es sei nicht mehr und nicht weniger «ein Wunderwerk». Dem Hirn Gutes tun könne man, so Schmutz, wenn wir Neues lernen. Ob es sich um eine neue Sprache oder ein Instrument handelt, ist sekundär. (Marco Morosoli)

Hinweis
Barbara Schmutz «Brainstorming – 300 Fragen an das Gehirn». Verlag Kein & Aber. Zürich. Berlin. 2020. 220 Seiten. ISBN: 978-3-0369-5832-3. Kaufpreis: rund 25 Franken.