Ein humorvolles Drama

Theater & Tanz

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Mike Müller begeisterte das Publikum im gut gefüllten Gemeindesaal in Steinhausen mit viel Tempo und Witz.

  • Mit Mimik, Gestik sowie Stimme und Dialekt erweckt Mike Müller seine Figuren zum Leben. (Bild PD / Joel Schweizer)
    Mit Mimik, Gestik sowie Stimme und Dialekt erweckt Mike Müller seine Figuren zum Leben. (Bild PD / Joel Schweizer)

Steinhausen – Mike Müller steht auf der Bühne, die ein Gerichtssaal ist. Am Tisch oben sitzen: die Gerichtspräsidentin und der Gerichtsschreiber, auf den Stühlen unten die verkrachten Geschwister und zwei Rechtsanwälte. Ihnen allen gibt Mike Müller die Gestalt und die Stimme. Verhandelt wird in Sachen Heinzer gegen Heinzer und Heinzer. Die Frage ist: Wer führt die Apotheke des Vaters, Kaspar Heinzer Senior, weiter? Wer bekommt das Ferienhaus im Wallis? Was ist mit dem Langenthal-Service? Und was machen sie mit dem Bankkonto in der Karibik? Und schon schauen wir in das Innenleben einer Familie hinein.

Die Tochter: sehr vorlaut. Der jüngere Sohn: eher drogenaffin. Der ältere: sagt nie etwas, aber so war er schon als Kind. Es geht aber nicht nur um das Erbe, sondern auch um Emotionen, verschmähte Liebe und klassische Geschlechterrollen. Vor Gericht sind ausserdem zwei Polizisten, eine sehr freundliche Spitex-Pflegerin und ein äusserst durstiger Arzt anwesend.

Die Geschwindigkeit seiner nahtlos aneinander anknüpfenden Dialoge zwischen den Charakteren, welche Müller allein durch Mimik, Gestik sowie Stimme und Dialekt zum Leben erweckt, lässt kaum Raum für eine Atempause. Dies unterstreicht die Dramatik des Konflikts, in dem sich die Geschwister Heinzer befinden.

Selbst die Richterin, welche in breitestem Bündner Dialekt versucht, Ordnung in die zunehmend chaotische Verhandlung zu bringen, lässt verschiedentlich durchblicken, dass sie die Gerichtsverhandlung nicht immer ganz ernst nehmen kann. Derweil befeuern sich die Anwälte der zerstrittenen Parteien gegenseitig mit hochgestochenem Juristenlatein und ergötzen vor allem sich selbst an ihren «unanfechtbaren» Argumenten.

Müller als Balletttänzerin

Und immer wieder tritt der Verstorbene auf – in kaltes, blaues Licht getaucht –, um selbst nach seinem Ableben noch bissige Kommentare abzugeben. So verrät er post mortem, dass er sein Erbe viel lieber jemand anderem als seinen drei Kindern vermacht hätte, dies jedoch von der begünstigten Person abgelehnt worden sei. Ein Höhepunkt von Müllers Performance ist der Auftritt der in die Jahre gekommenen Balletttänzerin und Spitex-Pflegefachfrau «Coco». Bereits dreifach knieoperiert, bettet sie ihren Auftritt am Gericht in eine Tanzeinlage ein. Erstaunlich elegant zeigt sich Müller auch in dieser ungewohnten Rolle und sorgt mit der Szene für Lachattacken beim Publikum.

Als Zeugin einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Heinzer Senior und seinen Kindern kurz vor seinem Tod lässt die Pflegefachfrau und Tänzerin mit französischem Akzent schliesslich noch tiefer in die Abgründe und Trinkgewohnheiten gewisser Anwesender blicken. Das bringt das Bild auf die Hinterbliebenen und deren Umfeld zusätzlich ins Wanken. Ob am Ende des Familiendramas nun das Testament oder ein «Fest am End’» steht, wie Müller reimt, bleibt offen.

Für Kultur Steinhausen: Ivo Studer