Die unglaubliche Geschichte eines Bäumesammlers

Film & Multimedia

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Ein Milliardär lässt alte anmutige Bäume aus dem ganzen Land in einen Park versetzen, um einen prächtigen Naturraum zu erschaffen. Salomé Jashis Film «Taming the Garden» zeigt dabei die Kehrseite der Medaille auf.

Zug – Ein Mann, der Bäume sammelt, keine Bonzais, sondern prächtige Riesen. Mindestens 100 Jahre alt müssen sie sein. Er lässt die schönsten Exemplare im ganzen Land ausfindig machen und mit viel Aufwand sowie einer Armada von Arbeitskräften mitsamt Wurzelstock dem Erdreich entheben.

All diese Baumriesen gehen als Schwertransport auf Reise – über Land wie über Wasser. Ihr Ziel ist ein eigens dafür angelegter Park im Westen Georgiens, wo sie mit fast demselben Aufwand eingepflanzt werden. Hier entsteht eine Art Ballenberg für Bäume. Es ist das leidenschaftliche Projekt eines schwerreichen Georgiers.
In ihrem Dokumentarfilm «Taming the Garden» (Den Garten zähmen) begleitet die georgische Filmemacherin Salomé Jashi einige dieser unglaublichen Aktionen. Man wird Zeuge, mit welch ungeheurem Kraftaufwand die Baumgiganten aus allen Ecken des Landes nach Osurgeti in den botanischen Park verbracht werden. Es ist eine Art Garten Eden, von wunderbarer Schönheit und einer sagenhaften Artenvielfalt; zusätzlich zu den georgischen Riesenbäumen hat der Auftraggeber aus allen Ecken der Erde diverse Pflanzenarten importiert, um den Park zu bereichern. Was vordergründig wie das etwas verrückte, aber faszinierende Projekt eines naturverbundenen Menschen erscheint, erweist sich letztendlich dann doch als eine Aktion voller Zwiespalt und offener Fragen. Aus den Dialogen unter den Arbeitern und den Anwohnern geht hervor, dass es sich beim Baumsammler um Bidsina Iwanischwili handelt, ehemaliger Premierminister Georgiens und milliardenschwerer Unternehmer, der noch heute aus dem Hintergrund grossen Einfluss auf das politische Geschehen im Land am Kaukasus ausübt.

Die Gespräche der Grundstückbesitzer lassen allerdings Zweifel aufkommen, ob es tatsächlich immer fair und vertragsmässig abläuft. Unter den Betroffenen gehen die Meinungen auseinander: Die einen ziehen Vorteile aus den Aktionen, andere beobachten sie skeptisch und beklagen die erheblichen Kollateralschäden, welche durch die Monstermanöver mitunter verursacht werden. Viele trauern den Bäumen nach, mit denen sie über Jahrzehnte eine starke emotionale Bindung aufgebaut haben. Wieder andere lässt das Ganze kalt.

Das Verstörende am Betörenden

Regisseurin Salomé Jashi bleibt während des gesamten Filmes stets die diskrete Beobachterin und heimliche Zuhörerin im Hintergrund – als wäre sie gar nicht da. Das verleiht der Dokumentation grosse Authentizität und Glaubwürdigkeit. Sie verzichtet zunächst auf Grossaufnahmen, sondern fokussiert sich auf die Vorgänge im Detail. Das im Wachsen begriffene Resultat der ganzen Aktion, der Park bei Osurgeti, wird erst am Filmende sichtbar. Es ist ein grünes Wunderwerk, eine Naturoase voller Schönheit, so betörend – und doch verstörend ... auf den zweiten Blick. Das zeigt die Filmemacherin kommentar- und schonungslos auf.

«Taming the Garden» kann als Metapher für Heimatverlust und Entwurzelung verstanden werden. Weiter stellt sich die Frage nach dem Umgang mit der Natur durch den Menschen, vor allem wenn Macht und Geld im Spiel sind. Der Film überzeugt ohne aufwendige Effekte. Einige wenige eingeblendete Stimmungsbilder mit psychedelischer Sounduntermalung entfalten eine grosse Wirkung und regen die innerliche Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen zum Thema an.

Hinweis

Der Fliz Filmclub Zug zeigt ­«Taming the Garden – Grosser Baum auf Reise» am Montag, 12. September, um 20 Uhr im Kino Gotthard Zug. Produzent Vadim Yendreyko ist anwesend.