Dem Himmel so nah ...

Kunst & Baukultur, Brauchtum & Geschichte

,

Dass sich ein Kirchengebäude in sich selbst abgebildet wiederfindet, ist ein häufig anzutreffendes Gestaltungselement. In Steinhausen finden wir ein schönes Beispiel. Hier werden St.Matthias und die umliegenden Gebäude zur Teilkulisse für eine himmlische Szene.

  • Das grosse Deckengemälde mit der Krönung Mariens von Josef Heimgartner gibt am unteren Rand den Blick frei auf die Matthiaskirche und die umliegenden Gebäude. (Bild Matthias Jurt)
    Das grosse Deckengemälde mit der Krönung Mariens von Josef Heimgartner gibt am unteren Rand den Blick frei auf die Matthiaskirche und die umliegenden Gebäude. (Bild Matthias Jurt)

Steinhausen – Als das Schiff der Steinhauser Pfarrkirche St.Matthias im Jahre 1913 im neobarocken Stil neu und grösser erbaut worden ist, hat man für die Ausführung der Deckengemälde Josef Heimgartner (1868–1939) verpflichtet. Der aus dem aargauischen Fislisbach stammende, seinerzeit gefragte Kirchenmaler zeichnet im Zeitraum von der Jahrhundertwende bis kurz vor seinem Tod für die künstlerische Gestaltung zahlreicher Kirchengebäude in der gesamten Schweiz verantwortlich.

Von Heimgartners Werken in der Steinhauser Pfarrkirche tritt hauptsächlich das hochovale Deckengemälde im Zentrum des Kirchenschiffes hervor: Nach barocken Vorbildern stellt Heimgartner Krönung Mariens dar, reich gestaltet, farblich und inhaltlich wohlkomponiert. Johannes Baptist, Abraham und sein Sohn Isaak, der hl. Josef und der Prophet Jesaia begleiten den Krönungsakt. Eine interessante Randnotiz: Laut Vertrag hätte Heimgartner auch Abrahams Frau Sara abbilden müssen. Warum sie fehlt, ist unbekannt.

So viel zum eigentlichen Inhalt des Deckengemäldes, unser Fokus richtet sich aber auf den Ausschnitt unterhalb der Hauptszene. Hier gibt das Wolkengefüge den Blick auf die Matthiaskirche mit ihrem neuen Schiff und dem danebenstehenden Beinhaus frei, flankiert von Pfarrhaus und Kaplanei. Die Baugruppe wird von üppigem Baumbestand und Wiesland umgeben, eine dörfliche Idylle, von der heute nichts mehr übrig ist. In der Wiesenparzelle rechts vom gezäunten Kirchweg hat Heimgartner am Bildrand seine Signatur und die Jahreszahl 1914 hinterlassen. Er hat demzufolge unmittelbar nach Fertigstellung des neuen Schiffes mit der Arbeit begonnen.

Himmlischer Schutz

Dass das Kirchengebäude selbst auf diese Weise Eingang ins eigene Bildprogramm findet, dürfte dahin gehend interpretiert werden, dass es unter himmlischem Schutz stehen soll: Über seinem Dach findet ein hochheiliger biblischer Akt statt. Auffallend ist die Klarheit der Gebäudedarstellung und die Genauigkeit, mit der Heimgartner sie ausführt.

An dieser Stelle soll als Vergleich auf ein weiteres Beispiel einer solchen Bildkomposition verwiesen werden. Sie stammt ebenfalls von Josef Heimgartner und findet sich in der Pfarrkirche St.Leonhard in Ingenbohl. Die Ausgangslage für den Auftrag hier war genau derselbe wie in Steinhausen: Im Jahre 1927 wurde das Schiff der Leonhardskirche um den heutigen Bereich der Empore erweitert. In diesem Teil führte Heimgartner ein Deckengemälde aus mit der hl. Cäcilia auf einer Tragorgel spielend, umgeben von musizierenden Engeln, dem Papst und König Salomon. Und darunter – wie in Steinhausen – gibt der Himmel einen Blick frei auf den Kirchhügel mit Kirche, Friedhofskapelle, Pfarrhaus und dem Kloster Ingenbohl mit den beiden Mythen als Kulisse.

Heimgartner verleiht so den Gemälden, sowohl in Steinhausen als auch in Ingenbohl, erweiterte Räumlichkeit sowie Tiefe und führt dem Betrachter vor Augen, wie nah er dem Himmel in diesem Moment ist. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.