Diese Figuren erobern die Welt

Brauchtum & Geschichte

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Egli-Figuren schmücken zahlreiche Krippen, auch jene im Pflegezentrum Baar. Eine der Schöpferinnen wohnt ganz in der Nähe und hat ihnen den Namen gegeben.

  • Gesichtslos und doch mit Ausdruck: die Egli-Figuren im Baarer Pflegezentrum. (Bild Werner Schelbert)
    Gesichtslos und doch mit Ausdruck: die Egli-Figuren im Baarer Pflegezentrum. (Bild Werner Schelbert)

Baar – Man kennt Krippenfiguren aus Holz und solche aus Gips. Figuren dieser Art werden alljährlich in allen möglichen Häuschen platziert, Josef gesellt sich zu Maria, die Hirten zu den Schafen und so fort. Kann sein, dass die Hirten mal links oder mal rechts stehen, und auch das heilige Paar wird nicht jedes Jahr von neuem den exakt gleichen Platz einnehmen. Was sich bei diesen Figuren jedoch nie verändert: die Körperhaltung, die Gestik, der Ausdruck. Man kann sie hin- und herschieben, so lange man will, die Aussage bleibt die gleiche.

Individueller Ausdruck

Ganz anders verhält sich das bei den sogenannten Egli-Figuren, den bis zu 70 Zentimeter grossen biblischen Erzählfiguren. Diese sind biegsam Gesichter haben sie zwar keine, aber einen individuellen Ausdruck, der über die jeweilige Körperhaltung entsteht. Sie sind gemacht aus Draht, Stoff, Holz und ähnlichem Material. Von oben bis unten mit Stoff überzogen, können ihre Kleider beliebig gewechselt werden. Die Frau, nach der die Figuren benannt sind und die sie zwar nicht erfunden, aber massgeblich entwickelt hat – zusammen mit ihrem Mann – erklärt: «Die fertigen Figuren sind bereit, geführt, geformt, verändert, lebendig zu werden. Gerade die ausserordentliche Beweglichkeit des Materials und die grosse Standfestigkeit ermöglichen es, die Figuren immer wieder anders zu uns sprechen zu lassen.»

Erfunden im Kloster

Die gebürtige Deutsche Doris Egli schuf in den Sechzigerjahren erste bewegliche Figuren, um ihren Kindern biblische Geschichten besser erzählen zu können. Doris Egli hatte nach Baar geheiratet und dort eine der wenigen Frauen kennen gelernt, die damals als erste die beweglichen Krippenfiguren herstellten. Ihren Ursprung hatte diese neue Art der Figur im Sommer 1964 im Schweizer Kloster Ilanz. Weil Doris Egli an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart eine Ausbildung als figürliche Gestalterin absolviert hatte, wirkte sie bald schon mit viel Talent und Eifer an der Weiterentwicklung der Figuren mit. Zusammen mit ihrem Mann Primo Egli kreierte sie beispielsweise eine Metallklammer, mit der die Sisaldrähte von Armen und Beinen stabil zusammengehalten werden konnten.

Der Name Egli wurde zum Markenzeichen der Figuren. Und Doris Egli perfektionierte Aufbau und Funktion konsequent weiter. Die Künstlerin sieht in der Beweglichkeit der Figuren und ihrer vielseitigen Nutzbarkeit einen grossen pädagogischen Wert: «Sie helfen uns, komplizierte Texte besser zu verstehen. Wir lernen, die Dramatik eines Textes in die Bildersprache zu übersetzen.» Von Doris Egli stammt der schöne Satz: «Je mehr wir spielen, desto weiter kommen wir.»

Weit verbreitet

Und auch die Egli-Figuren selbst sind schon weit herumgekommen. Kurse, um ihre Herstellung zu erlernen, gibt es nicht mehr nur in der Schweiz oder in Deutschland, sondern seit einiger Zeit auch in Finnland, Luxemburg, Frankreich, Österreich, Tschechien, Island und sogar Chile. Ebenso weiten sich die Bereiche, in denen die Figuren Verwendung finden, beständig. So werden Egli-Figuren in Kindergärten spielerisch bewegt oder in Gottesdiensten, in Therapien oder in der Erwachsenenbildung. Und immer wieder machen sie natürlich ihrem ursprünglichen Gedanken der Krippenfigur alle Ehre so wie jetzt zur Weihnachtszeit im Pflegezentrum Baar. (Susanne Holz)