Zugs kleine «Azteken-Tempelanlage»

Brauchtum & Geschichte

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Wie lässt sich eine grosse graue Fläche ohne farbliche Interventionen künstlerisch gestalten? Hans-Peter von Ah hat vor fast 50 Jahren für die Kantonsschule Zug eine Lösung gefunden.

  • Ihre Formen sind vielfältig: die «Kunstlandschaft» bei der Kantonsschule Zug. (Bild Stefan Kaiser)
    Ihre Formen sind vielfältig: die «Kunstlandschaft» bei der Kantonsschule Zug. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Der grosse Pausenplatz auf erhöhter Ebene bildet das architektonische und «gesellschaftliche» Zentrum der Kantonsschule Zug am Lüssiweg. Auf drei Seiten hin gruppieren sich um ihn die Haupttrakte der in den 1970er-Jahren nach Plänen des Zuger Architektenbüros Hafner & Wiederkehr entstandenen Schulanlage. Die Situation an dieser Stelle gibt ein etwas graues Bild ab – viel Stein, kaum farbliche Akzente, erst recht im Winter, wenn das Grün der spärlichen Bepflanzung abwesend ist.

Am südlichen Rand des rechteckigen Platzes durchbricht eine auffällige Installation die auf den ersten Blick monoton und streng gradlinig geprägte Szenerie: Wie ein niedriges Gebirge erhebt sich aus dem topfebenen Platz eine grossflächige Skulptur aus Sichtbeton. Farblich hebt sie sich in keiner Weise vom Untergrund ab, was den Eindruck erweckt, als wäre sie eins mit dem eigentlichen Platz. Sie wirkt archaisch und in ihrer Formenvielfalt verspielt zugleich. Es handelt sich um eine sogenannte «Kunstlandschaft», eine skulpturale Bodenplastik innerhalb des Schulhauskomplexes.

Von alten Hochkulturen inspiriert

Entworfen und ausgeführt hat sie der Obwaldner Künstler Hans-Peter von Ah (1941–2011) in den Jahren 1974/75 – zeitgleich mit der Fertigstellung der Schulanlage. Die begehbare Plastik besteht aus mehreren lückenlos aneinander geordneten Sichtbeton-Elementen – Treppen, Rampen, verschiedenwinklige Dreiecke, Pyramiden, Podeste... Es macht den Anschein, als hätte sich der Künstler von der Architektur aztekischer Tempel Mittelamerikas leiten lassen und in fantasievoll abstrahierter Form eine solche Anlage hier nachgeahmt.

Visuell fällt eine gleichschenklige, steile Pyramide besonders ins Auge. Sie steht zentriert auf einem quadratischen Flachpodest am südlichen Rand der Kunstlandschaft und orientiert sich entgegen den anderen Elementen eher an der alten ägyptischen Kultur. Symbolisch nimmt Hans-Peter von Ahs «Kunstlandschaft» Bezug auf die hohen wissenschaftlichen Erkenntnisse alter Hochkulturen hinsichtlich Geometrie und Architektur. Die Platzgestaltung für die Kantonsschule Zug war einer der ersten grossen Aufträge an Hans-Peter von Ah im öffentlichen Raum und ebnete ihm den Weg für dieses Tätigkeitsfeld, dem er sich von da an fokussiert widmete. Zuvor hatte sich der gebürtige Obwaldner vornehmlich mit dem Themenkreis Mensch und dessen Körper beschäftigt und es mittels unterschiedlicher Techniken – darunter Malerei – umgesetzt.

Hans-Peter von Ah ging nach seiner Lehre als Bildhauer – in den ausgehenden 1960er-Jahren – nach Wien, wo er an der Akademie der bildenden Künste bei keinem geringeren als Fritz Wotruba, einem der einflussreichsten österreichischen Bildhauer des 20. Jahrhunderts, studierte. Als akademischer Künstler kehrte von Ah in die Schweiz zurück und fasste einen Lehrauftrag an der Kunstgewerbeschule in Luzern. Ab 1966 war er hier 40 Jahre lang als Fachdozent tätig. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis
In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fund­stücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.