Suche nach Identität

Literatur & Gesellschaft

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Wir haben Mitarbeiter*innen der Zuger Bibliotheken um Buchtipps für den Sommer gebeten. Und sie haben geliefert. Von Philosophie über blaues Blut bis zu Luftpiraten. Jetzt entdecken!

  • Eva Riechsteiner stellt einen Roman vor. (Bild PD)
    Eva Riechsteiner stellt einen Roman vor. (Bild PD)
Menzingen – Dieser Artikel ist in der Ausgabe Juni 2021 des Zug Kultur Magazins erschienen. Hier geht es zu den anderen Büchertipps.

Eva Riechsteiner, Bibliothek Menzingen

Ada ist neun, als sie mit ihrer jüdischen Mutter Sala aus Argentinien nach Berlin zurückkehrt, in ein krisengeschütteltes Deutschland, das gezeichnet vom Krieg versucht, wieder auf die Beine zu kommen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Sie freut sich, endlich ihren deutschen Vater kennen zu lernen, doch gleichzeitig scheint die Wiedervereinigung ihrer Eltern deren Trauma­tisierung aus der Vergangenheit wieder hochkommen zu lassen. Ada sucht nach Erklärungen für all die Ereignisse im Leben ihrer Familie, die sie nicht verstehen kann. Doch sie trifft nur auf Schweigen, weshalb sie sich immer mehr zurückzieht. Als ihr Bruder Sputnik zur Welt kommt, fühlt sie sich endgültig an den Rand der Familie gedrängt.
Ihre Jugend ist geprägt von der Suche nach Identität, nach Anschluss in der Gesellschaft und Geborgenheit. Sie bricht aus der bürgerlichen Gesellschaft aus und schliesst sich der Studentenbewegung an. Leider endet auch diese glückliche Zeit ernüchternd.
Einige starke Figuren, darunter ihr Grossvater Jean, Mops, eine frühere Freundin ihrer Mutter, und ihre Tante Lola, fangen Ada immer wieder auf und können immerhin einen Teil der Fragen beantworten, die Ada durch ihr ganzes Leben verfolgen.
Die Distanz zur Familie bleibt jedoch bestehen. Auch als 44-jährige Frau spürt sie noch immer diese Unruhe in ihrem Dasein, als sie von einem weiteren historischen Ereignis, dem Mauerfall überrascht wird.

Persönliches Fazit
Ein eindrücklicher und unverblümter Roman über die Jugend der deutschen Nachkriegszeit, die 68er-Bewegung und die Schwierigkeit, mit dem verschwiegenen Kapitel im Leben der eigenen Eltern zurechtzukommen. Das Buch ist wie sein Vorgänger «Der Apfelbaum» stark autobiografisch geprägt.

«Ada» von Christian Berkel
Roman, Ullstein Hardcover, 2020, 400 Seiten