Zwei Frauen mit Passion für filigrane Klosterarbeiten

Kunst & Baukultur

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Im Kunstkiosk wird klösterliches Handwerk gezeigt und ein neues Werkbuch präsentiert.

Baar – «Der Haussegen muss rund sein, damit er nicht schief hängt», sagt Trudy Ziegler-Baumann. Sie zeigt ein rundes Objekt, das mit religiösen Symbolen in barocker Manier geschmückt ist. Zu jedem Stück in der neuen Ausstellung im Kunstkiosk, die letzten Freitag, 17. September, eröffnet wurde, weiss sie eine Geschichte oder den volkskundlichen Hintergrund. Wie zu den «Schluckbildli» mit den Schutzpatronen, die man essen konnte, «daher kommt der Begriff der Fresszettel». Sie zeigt braune Schabfiguren, die heute keiner mehr kennt: «Das sind kleine Figuren aus Ton, die meist das Gnadenbild zeigen. Der abgeschabte Staub wurde gegen das Böse, vor allem gegen Krankheiten eingenommen.»

Die Ausstellung zeigt Kostbarkeiten, wie Kastenbilder, Reisealtäre und Breverl mit Schutzbriefen, die von ihr und Barbara Baumann aus Baar geschaffen wurden. Viele der schönen, filigranen Objekte sind mit Perlen, Ranken, barocken Ornamenten oder Heiligenmedaillons geschmückt. Früher wurden solche Arbeiten in den Klöstern hergestellt und als Zeichen populärer Frömmigkeit für den Hausaltar und als Andenken an eine Pilgerfahrt gekauft – oder als Dank an eine Heilung gespendet.

Ein breites Wissen erarbeitet

Inmitten der kunstvollen Objekte fällt die Reliquientafel auf, bei der die Monstranz von über 40 Fächlein umrahmt ist, die im barocken Stil aus Stoff, vergoldetem oder versilbertem Draht, mit Perlen und Pailletten angefertigt sind. «Alles ist aufgenäht, und die Elemente habe ich selber gemacht – in rund 200 Stunden», sagt Trudy Ziegler-Baumann aus Flüelen. «Schon als Kind war ich fasziniert von den Objekten in der Kirche. Ein Abendkurs für Nadelmalerei machte mich vor rund 30 Jahren auf die Klosterarbeiten aufmerksam», erzählt sie. Aus dieser Faszination eignete sie sich die traditionellen Techniken sukzessive an, wie die Arbeiten mit Draht, Papier, Stanzen, Sticken, Wachs giessen und Kartonagen für den Hintergrund fertigen – alles von Hand. Es werden auch oft Naturmaterialien eingesetzt. «Vor 30 Jahren war es schwierig, das spezielle Saatgut wie Hiobstränen zu erhalten. Damals half mir ein Botanischer Garten aus. Inzwischen haben wir solche Pflanzen im Garten. Oft erfolgt auch ein Austausch mit vernetzten Gruppen», so Trudy Ziegler-Baumann.

In den Klöstern wurde über Jahrhunderte für Priester, Kirchen und die Andenken der Pilgerorte gearbeitet. «Mit der Aufklärung wurde der Reliquienkult verpönt. Heute sind es Liebhaber, Pilger oder spirituelle Menschen, die solche Objekte kaufen», weiss die Urnerin. Doch weil immer mehr Klöster geschlossen werden, drohen das kulturelle Schaffen und die klösterlichen Techniken verloren zu gehen. So ist es nicht verwunderlich, dass Trudy Ziegler-Baumann inzwischen zur Fachfrau auf dem Gebiet der Klosterarbeiten geworden ist. Sie wirkte als Kursleiterin, übernahm Restaurationen und organisierte Ausstellungen.

Allerdings wird sie jetzt das Kurswesen an Barbara Baumann übergeben, die nicht mit ihr verwandt, sondern eine ehemalige Schülerin ist, welche die grosse Begeisterung für das traditionelle Kunsthandwerk mit ihr teilt. Die Baarerin, die als Lehrerin für textiles Werken und Sachbuchautorin tätig ist, weist darauf hin, dass sie im Oktober im Kloster Kappel einen Kurs für Klosterarbeiten durchführen wird. «Bei der Gestaltung der Objekte möchte ich eigene Ideen einbringen, und vor allem dazu beitragen, dass dieses traditionelle Handwerk weiterlebt.»

Die beiden Frauen haben zudem ihr vielfältiges Wissen zusammengetragen und veröffentlichen jetzt das Werkbuch «Klosterarbeiten», welches die alten Techniken mit Fotos und Beispielen zum Nacharbeiten dokumentiert. Während der Ausstellung werden im Kunstkiosk einzelne Elemente der Klosterarbeiten gezeigt, und es kann probiert werden, Blätter oder Blüten selber herzustellen. (Monika Wegmann)

Hinweis
Die Ausstellung Klosterarbeiten im Kunstkiosk in Baar ist geöffnet bis 25. September. Die Workshops sind offen: Mittwoch, 22. September, 13.30 bis 17 Uhr; 25. September, 11 bis 15 Uhr. www.kunstkiosk-baar.ch.