Queen des Ungesagten
Literatur & Gesellschaft
Die neuste Ausgabe der persönlichen Buchtipps von Mitarbeiterinnen der Zuger Bibliotheken bietet viele Denkanstösse. Sei es dazu, wie man mit Kindern über das Thema Demenz spricht, wie die Sesshaftigkeit das menschliche Dasein verändert hat oder warum das Alleinsein richtig gut sein kann. Viel Spass beim Schmökern!
Baar – Dieser Artikel ist in der Ausgabe März 2022 des Zug Kultur Magazins erschienen. Hier geht es zu den anderen Büchertipps.
Eva Schär, Bibliothek Baar
Aufmerksam auf dieses Buch wurde ich durch eine spannende Rezension, die von einem einmaligen Leseerlebnis sprach. Das Buch stand lange auf der «New York Times»-Bestsellerliste, war in den USA 2020 das meist besprochene Buch und die 31–jährige Autorin war Studentin bei Zadie Smith.
Das Buch hat eine tragisch-komische Komponente und liess mich sofort staunen. Einerseits ist die 23-jährige Protagonistin, die Afroamerikanerin Edie aus Bushwick, Brooklin, geistig sehr unabhängig und scharfsinnig, andererseits hat sie immer zu wenig Geld und sie muss sich kreativ und anspruchslos arrangieren, damit sie ihren Lebensunterhalt finanzieren kann. Eigentlich hat sie Kunst studiert und möchte malen, doch ihre prekären Lebensumstände lassen dies nicht zu.
Unkonventionelle Lebensweise
Edie beginnt eine Affäre mit dem viel älteren Eric und nach einer Zufallsbegegnung mit Rebecca, der Frau von Eric, entschliesst sich diese, dass Edie vorübergehend zu ihnen einziehen soll. Schräg? Ja, aber auch sehr lustig! Die Beziehung zu Erics Familie, die durch die Adoptivtochter und Rebecca, der Ehefrau, dominiert wird, fungiert wie ein Katalysator für alle kommenden Episoden und Edie stellt sich vielen verdrängten Geschehnissen, die schockierend realistisch beschrieben sind.
Persönliche Leseempfehlung
Mir hat der ungeschminkt schöne Schreibstil gefallen. Die Auslassungen, zu denen die Autorin fähig ist, eröffneten mir ein ganz neues Leseerlebnis. Sie schafft es, Unbewusstes anklingen zu lassen. Raven Leilani mutet der Leserin, dem Leser viel zu und lässt vieles geschehen. Es gibt keine künstliche Dramatik und es passieren unvergessliche Situationen, deren Bilder sich mir eingebrannt haben. Die Sprache ist poetisch, erfrischend, offen und ehrlich.
In meinen Augen eine fordernde Lektüre mit hohem Spassfaktor und einem eindrücklichen Leseerlebnis.
«Hitze» von Raven Leilani, Roman, Atlantik Verlag, 2021