Ein «Kaleidoskop der Emotionen»

Musik

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Schubert – Chopin – Penderecki: Das dritte Abokonzert der Zuger Sinfonietta brachte romantische Musik im weitesten Sinn in den voll besetzten Chamer Lorzensaal.

  • Der Hauptsolist sitzt am Klavier: Simon Bürki. (Bild Stefan Kaiser)
    Der Hauptsolist sitzt am Klavier: Simon Bürki. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Unter der Leitung von Daniel Huppert und mit dem Hauptsolisten Simon Bürki am Klavier wurde nach dem Motto «Kaleidoskop der Emotionen» musiziert. Auf einen einzigen Punkt reduziert, unterschied sich die Romantik von der Klassik vor allem durch eine stärkere Betonung der Emotionen gegenüber der vorherigen Formtreue.

Wie Intendant Lion Gallusser in der Einführung betonte, begann dieser Weg schon mit Franz Schubert, und er reichte bis weit ins zwanzigste Jahrhundert, wann verschiedene Komponisten – wie der am Konzert gespielte Krzysztof Penderecki – in ihrem Stil immer wieder romantische Elemente aufgriffen.

Mindestens nach dem Applaus zu schliessen, stand aber für das Publikum im voll besetzten Chamer Lorzensaal der junge Pianist Simon Bürki im Mittelpunkt. Schon für seine Erstausbildung pendelte der junge Mann zwischen St. Gallen, Kiew und Moskau. Gegenwärtig perfektioniert er seine Ausbildung in New York, und das Konzert mit der Zuger Sinfonietta war nur ein Gastspiel.

Chopin schrieb dieses Konzert noch in Polen

Interessante Parallelen auch zum gespielten Klavierkonzert, Opus 23, von Frédéric Chopin: Der damals 19-Jährige schrieb es noch in seiner Jugendheimat, welche er aber nach der Niederschlagung des Polnischen Volksaufstandes durch die Russen verliess, um sich dauernd in Frankreich niederzulassen. Deshalb beanspruchen ihn beide Länder bis heute als «ihren» Komponisten.

Als einer der ersten grossen Komponisten konnte Chopin mit einem Tasteninstrument auftreten und komponieren, das in Klangqualität und Anschlagtechnik einigermassen dem modernen Konzertflügel entsprach. Das noch etwas kleinere Tonvolumen verlangte eine vor allem bei den Bläsern etwa diskretere Orchesterbesetzung, was genau den Rahmenbedingungen der Zuger Sinfonietta entsprach.

Hauptsächlich in den beiden ersten Sätzen wirkte dadurch das Verhältnis an musikalischer Gestaltung zwischen Orchester und Solist ausgeglichener, als es von den meisten Musikführern dargestellt wird. Der insgesamt diskrete Pedalgebrauch des Solisten tat ein Weiteres für transparente und oft sogar bewusst markante Gestaltung der schnellen Tonfolgen. Hohe Virtuosität – gesteigert noch durch das gewählte Tempo – charakterisierte den dritten Satz.

Nach der Pause erklang die Sinfonie in B-Dur D 485 des damals erst 18-jährigen Franz Schubert. Die sechs frühen und kürzeren Sinfonien des Jünglings bleiben wohl immer im Schatten seiner späteren weltbekannten Meisterwerke. Aber gerade die B-Dur-Sinfonie zeigt viele eigenständige Züge über die verehrten Vorbilder Haydn und Mozart hinaus, welche die Aufführung auch noch 200 Jahre später rechtfertigen. Aus aufführungspraktischen Gründen dachte der Komponist an ein eher kleineres Orchester und traf damit genau die Voraussetzungen der Zuger Sinfonietta.

Neu für die damalige Zeit waren die Ausflüge des ersten Satzes in entlegene Tonarten wie Des-Dur, es-Moll und Ges-Dur – für das aus lauter Profis zusammengesetzte Orchester spieltechnisch kein Problem. Auch in der sehr beschwingten Tempowahl des Schluss-Satzes durch Daniel Huppert gelang stets ein präziser Nachvollzug der klaren rhythmischen Struktur.

Das Rednerpult behinderte die Sicht

Den Auftakt bildete ein als «Sinfonietta Nr. 1» bezeichnetes Werk von Krzysztof Penderecki (1933–2020), die Umarbeitung eines schon früher geschriebenen Streichtrios. Das Werk stammte aus einer späteren Schaffensphase des Komponisten, in welcher er die «moderne» Atonalität wieder in konventionellere Strukturen auf- lockerte. Vom kammermusikalischen Original blieben zahlreiche solistische Einsätze der Stimmführer, insbesondere das klangschön von Dominik Fischer gestaltete einleitende Bratschensolo.

Schade, dass man den Konzertflügel schon vorher aufgestellt hatte und dass das Rednerpult von der Einleitung unbenützt stehen blieb. So waren die Ausführenden in dem doch etwa 15-minütigen Werk für einen Grossteil des Publikums nur schlecht sichtbar.

Hinweis

Der nächste Chamer Auftritt der Zuger Sinfonietta folgt am Muttertag, 14. Mai, mit dem Violinkonzert von Max Bruch.