Ein Zuger Theaterstück über afghanische Frauen auf der Flucht

Theater & Tanz

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Aus der Ferne mussten Afghaninnen und Afghanen in der Schweiz die Machtübernahme durch die Taliban miterleben. Geboren aus der Ohnmacht im Exil, ist anlässlich des Zuger Flüchtlingstages ein Theaterstück entstanden.

  • Szene in der Theaterprobe: Sie fassen es nicht – die Rechte der Afghaninnen werden von den Taliban massiv beschnitten. (Bild Andrii Gupalo)
    Szene in der Theaterprobe: Sie fassen es nicht – die Rechte der Afghaninnen werden von den Taliban massiv beschnitten. (Bild Andrii Gupalo)

Zug – «Niemals werde ich das Fussballspielen aufgeben! Soll ich etwa nur noch zu Hause sitzen und Kleidersäume nähen?» Die Studentin Fatima redet aufgewühlt auf ihre Schwester und ihre Freundin ein. Die drei wollen sich für ihre Rechte, studieren, musizieren, Sport treiben zu dürfen, wehren. Sie gehen mit anderen Frauen und Gleichgesinnten auf die Strasse demonstrieren. Sie werden angebrüllt, geschlagen und verletzt.

In der Familie bröckelt derweil der Rückhalt durch Vater und Bruder. «Wir können euch nur schützen, indem wir euch verbieten, aus dem Haus zu gehen», lautet das gut gemeinte, aber hilflose Urteil von Bruder Ashraf. Alle spüren die Angst, dem Terror ist nicht mehr zu entkommen. Auf der Bühne braut sich etwas zusammen. Aber noch will sich die kämpferische Fatima nicht unterwerfen. Doch für andere Frauen liegt der einzige Ausweg nur noch in der Flucht – in eine ungewisse Zukunft.

Sprache drückt Emotionen aus

Das Theaterstück spiegelt in kurzen Sequenzen die Emotionen und Not der Frauen in Afghanistan, den Stimmungswechsel der Männer unter dem Druck der Mächtigen, die Hilflosigkeit im Alltag, der keiner mehr ist. Geschrieben wurde das Stück von Annette Plath und Jasmin Hirt nach der Idee von Abdullah Moradi. Auf der improvisierten Bühne stehen an jenem Probeabend Anfang Juni afghanische Geflüchtete und einheimische Laienschauspielerinnen. Noch klappen nicht alle Einsätze, manche Requisiten sind falsch platziert, an der Gestik muss noch gefeilt werden. Aber schon ist die Stimmung, die transportiert werden soll, spürbar. «Es ist schmerzhaft, hier in der sicheren Schweiz zu sitzen und zu wissen, was bei den Verwandten und Bekannten gerade abläuft», erinnert sich Abdullah Moradi an den Sommer 2021. «Ich spürte den Drang, etwas zu tun. Ich musste schreiben, mein Mittel ist die Sprache. Über sie lassen sich all die Emotionen ausdrücken, die einen umtreiben. So ist das Stück entstanden.»

Das Theaterstück ist auch ein Gemeinschaftswerk unter Freunden und Freundinnen, die sich seit Jahren in der Freizeit treffen – Einheimische und Geflüchtete in einer neuen gemeinsamen Heimat. «Mein Herz ist geteilt zwischen hier und dort – und wird es wohl immer bleiben», sinniert einer der Männer, der auf der improvisierten Bühne eben noch einen gewaltbereiten Taliban gemimt hat. Den Turban weiss er geschickt zu wickeln. Hier in der Schweiz dient das lange Tuch nur noch der Verkleidung im Theater.

Zuger Flüchtlingstag mit Podiumsgespräch

Die Premiere des Theaterstücks «Afghanistan ohne Frauen» geht am Samstag, 24. Juni, anlässlich des Flüchtlingstags im reformierten Kirchenzentrum Zug über die Bühne. Es ist um 18 Uhr einer der Höhepunkte der Veranstaltung, die von mehreren Zuger Organisationen getragen und veranstaltet wird.

Der Anlass bietet ab 14 Uhr ein kulturell vielfältiges Programm mit Essen, Singen, Reden und Zuhören. Das Podiumsgespräch «Frauen auf der Flucht» um 15 Uhr vertieft das aktuelle Thema mit Stadträtin Barbara Gysel, Regierungsrat Andreas Hostettler, fra-z Vorstandsfrau Aysel Yurtseven, Menschenrechtsaktivistin Najibah Zartosht aus Afghanistan, moderiert von Tijana Nikolic von der «Zuger Zeitung». (Text von Mirjam Weiss)