Begreifen, ohne etwas zu verstehen

Musik

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Der Sänger und Songwriter aus Sarajevo mischt bosnische Traditionsmusik mit modernen Texten. Am Samstag ist er in der Galvanik zu hören.

  • Damir Imamovic schreibt moderne Songtexte zu traditioneller Volksmusik. (Bild PD)
    Damir Imamovic schreibt moderne Songtexte zu traditioneller Volksmusik. (Bild PD)

Zug – Mehr Neugierde. Das bräuchte es laut Dino Sabanovic, um dem Zuger Kulturleben Aufwind zu verschaffen. Er muss es wissen, denn als Booker der Galvanik ist Sabanovic für die Acts zuständig, die im Kulturzentrum auftreten. Er weiss, welche Namen die «Galsche» füllen: «Das sind meist Musikerinnen und Musiker, die man schon kennt oder die ähnlich klingen, wie etwas, das man schon kennt», sagt er.

Auf jenen Künstler, der am 5. November in der Galvanik spielt, trifft das bei der breiten Masse kaum zu. Damir Imamovic, Singer und Songwriter aus Sarajevo, komponiert und spielt Lieder im Stil der Volksmusik seines Heimatlands Bosnien. Diese nennt sich auch «Sevdalinka». Imamovics 1995 verstorbener Grossvater Zaim gilt als einer der bekanntesten Sevdalinka-Sänger der Welt. Enkel Damir gewann 2021 den Preis «The Best Artist of Europe» der Songlines World Music Awards.

Mit Damir Imamovic findet nun eine feste Grösse der in Bosnien stark verankerten Volksmusik den Weg in die Galvanik. Eine Herzensangelegenheit für Dino Sabanovic, wie er selbst sagt. Mit dem Konzert vom kommenden Samstag wolle er Lokales mit Auswärtigem mischen und somit verschiedene Kulturen näher zueinander bringen.

«Es soll kein Konzert für die hiesige bosnische Diaspora werden, sondern für alle», sagt er. Denn die Musik des Künstlers sei auch für Menschen, die der bosnischen Sprache nicht mächtig sind, ein Erlebnis. «Man muss die Texte nicht unbedingt verstehen, um die Musik zu begreifen», so Sabanovic. «Sie ist in gewisser Weise selbsterklärend.»

Traditionelle Musik mit modernen Texten

Geprägt wird Imamovics künstlerisches Schaffen durch die gattungstypische Schwermütigkeit und Nostalgie. Wegen dieser Eigenschaften wird die Richtung oft auch als «Balkan-Blues» bezeichnet. Der Unterschied zu klassischen «Sevdalinka»-Liedern findet sich bei Imamovic in den Songzeilen. «Er reproduziert keine alten Songs, sondern schreibt neue mit eigenen Texten, die sich auf die heutige Zeit beziehen», so Sabanovic.

Diese Neuinterpretationen handeln etwa auch von Homosexualität oder der Liebe zwischen zwei Menschen verschiedener Ethnien – beides Themen, die in Bosnien nach wie vor einen schweren Stand haben. Jene Mischung aus traditionellen Klängen und modernen Texten ist es, die Sabanovic besonders fasziniert. Imamovics Musik besinge ein Bosnien, das für alle Platz habe, ein multikulturelles, -religiöses und -ethnisches Land. Der Booker möchte diese Musik einer breiten Bevölkerung präsentieren. Menschen aller Herkunft sollen Zugang zur «Liebesbotschaft» erhalten, die Imamovic in seinen Liedern vermittle. «Ich sehe im Konzert auch die Chance, jungen Bosnierinnen und Bosniern die traditionelle Musik ihres Heimatlandes wieder näherzubringen, die leider bei vielen als ‹uncool› gilt», so Sabanovic.

Vom Konzert erhofft er sich, dass die Gäste etwas bisher Unbekanntes für sich entdecken können und ihnen so ein neuer musikalischer Zugang eröffnet wird. Der Zugang zu einer Musikrichtung, die zwar wenig bekannt ist, jedoch die Geschichte vieler europäischer Länder in sich trägt. Auftreten wird Imamovic zusammen mit Derya Türkan (Kemenche) und Greg Cohen (Bass). Support erhält er durch den Luzerner Musiker Blind Boy De Vita.

Nun setzt Sabanovic auf die Neugierde der Zugerinnen und Zuger. Und auf den Wunsch dieser, etwas Neues kennen zu lernen, sich überraschen und mitreissen zu lassen von den Klängen der bosnischen Volksmusik. (Text von Kristina Gysi)

Hinweis: Damir Imamovic spielt am 5. November im Kulturzentrum Galvanik. Tickets kosten im Vorverkauf 32, an der Abendkasse 35 Franken. Die Türöffnung ist um 20 Uhr, das Konzert beginnt um 21 Uhr. Informationen: www.galvanik-zug,ch