Alfred Dünnenbergers Schätze

Brauchtum & Geschichte

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Der 74-jährige Baarer sammelt seit Jahrzehnten historischen Weihnachtsschmuck. Aktuell wird er ausgestellt.

  • Alfred Dünnenberger mit einem speziellen Stück: eine Königsberger-Krippe aus dem 19. Jahrhundert. (Bild Stefan Kaiser)
    Alfred Dünnenberger mit einem speziellen Stück: eine Königsberger-Krippe aus dem 19. Jahrhundert. (Bild Stefan Kaiser)

Baar – Es ist die Zeit von Alfred Dünnenberger. Die Zeit, in der er seine eindrückliche Weihnachtssammlung vom Estrich holen kann und sein Zuhause in ein Winterwunderland mit historischem Christbaumschmuck, Adventskalendern oder Krippen aus den Jahren 1850 bis 1950 verzaubern kann. Seit Jahren möchte er seine Sammlung der Öffentlichkeit nicht vorenthalten und für leuchtende Augen bei Gross und Klein sorgen. Aktuell ist ein grosser Teil seiner Weihnachtsschätze im Museum Kloster Muri bis Ende Januar sowie im Museum Schloss Gruyères in Fribourg bis Mitte Januar ausgestellt.

Eine Neuheit an den Ausstellungen und der Stolz von Dünnenberger ist die im Museum Kloster Muri ausgestellte Krippe aus der böhmischen Kleinstadt Königsberg an der Eger, die heute zu Tschechien gehört. «Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstand dort diese ganz besondere Krippentradition mit Miniatur-Figuren aus dem zähen Holz des Pfaffenhütchenstrauchs», erklärt der 74-jährige Baarer.

Adam und Eva gehörten zu jedem Krippen-Set

Die Figuren unterschiedlichster Grössen wurden in einer vielfältigen, perspektivisch gestuften und mit Höhlen durchbrochenen Landschaft als Szenenkrippe aufgebaut. Neben der Verwendung von farbigem Glasbruch für den Landschaftsüberzug stellt die Platzierung eines Spiegels auf der Höhlenrückseite eine weitere Besonderheit dar. Dadurch ergeben sich je nach Position zusätzliche optische Effekte.

Zentral bei der Krippe ist in der Mitte der Stall von Bethlehem mit Maria und Josef, Ochs und Esel samt Futterkrippe sowie Hirten, die das Jesuskind anbeten. Rechts vom Stall gibt ein Durchbruch den Blick frei in die Paradieshöhle. Der Erzengel Michael vertreibt hier Adam und Eva nach dem Sündenfall aus dem Paradies. «Vor 60 Jahren gehörten die Figuren von Adam und Eva zu jedem Krippenspiel dazu. Ihr durch die katholische Kirche festgelegter Tag ist auch der 24. Dezember, da sie die Sünde auf die Welt gebracht haben, welche Jesus dann wieder von den Menschen nimmt. Das wissen heute viele nicht mehr», führt der ehemalige Mitarbeiter eines Mineralölkonzerns aus.

Dünnenbergers «Coronaprojekt»

Die fragilen Königsberger-Krippen wurden seinerzeit in eigens dafür produzierte, dreiseitig verglaste Vitrinen gestellt und möglichst nicht mehr berührt. «Nach dem Zweiten Weltkrieg liessen die unmenschlichen Vorschriften, die bei der Vertreibung der deutschstämmigen Bevölkerung aus dem Sudetenland zu beachten waren, keine Mitnahme dieser Krippen zu. Nur 40 Kilo durften pro Person mitgenommen werden», führt Dünnenberger aus. So überlebten nur sehr wenige originale Königsberger-Krippen und befinden sich heute in der Regel in Museen.

«Mit viel Glück ist es mir gelungen, ein vollständiges Krippen-Set aus der Zeit mit allen dazu notwendigen Figuren, Tieren und Gebäuden im Internet zu erwerben. Es hat mich viel Zeit, Geld und Verhandlungs­geschick gekostet, aber es hat sich vollkommen gelohnt», schwärmt der Sammler. Es sei davon auszugehen, dass die Figuren im Zusammenhang mit der Umsiedlung von 1946 aus einer entsprechenden Krippenlandschaft herausgebrochen wurden und lose in den Westen kamen. Dünnenberger erzählt stolz: «Es war mir ein grosses Anliegen, für diese Rarität eine adäquate Landschaft nach alter Tradition und nur mit Materialien, die es damals schon gab, nachzubauen. Dies wurde mein ‹Coronaprojekt›, an dem ich sechs Monate lang arbeitete.»

Einfach war dieses Unterfangen nicht: Dabei wurde er jedoch grosszügig durch Volker Dittmar, Leiter des Egerland-Museums Marktredwitz, unterstützt. Dittmar organisiert immer wieder Ausstellungen zur Krippentradition seiner Region, besitzt privat und in seinem Museum eindrückliche Sammelstücke und möchte Dünnenbergers gebaute Krippe ausstellen sowie künftig mit ihm zusammen Baukurse der Landschaften der Königsberger-Krippen organisieren. «Es ist für mich wie ein Ritterschlag, dass er meine Arbeit so schätzt», verrät Dünnenberger.

Militärspielzeug und Grusskarten

An der aktuellen Ausstellung «Von Königsberg nach London» im Museum Kloster Muri sind vom originellen Baarer mehrere geschmückte Christbäume und Weihnachtsgestelle mit verschiedensten Schmuckstücken aus Wachs, Karton, Papier, Holz, Masse, Celluloid oder Textilien zu bewundern. Die über Jahrzehnte gewachsene Sammlung umfasst neben historischem Weihnachtsschmuck weiter seltene Adventskalender, Krippen, Nikoläuse sowie Paradiesgärtlein und gar Zuckerbäckerschmuck. Die Stücke stammen hauptsächlich aus Deutschland und Österreich-Ungarn. Im Schloss Gruyères sind an der aktuellen Ausstellung «Weihnachten für das Vaterland» nationalistischer Baumschmuck, Militärspielzeug oder an die Front geschickte Grusskarten aus der Sammlung zu entdecken.

Für die Zukunft wünscht er sich weiterhin Anfragen für Ausstellungen, damit die Geschichte der weihnachtlichen Traditionen nicht ausstirbt. «Nächstes Jahr werde ich wohl erneut im Spielzeug Welten Museum Basel ausstellen. Ausserdem bin ich in Kontakt mit einem Museum in der Ostschweiz», erzählt Dünnenberger. Dass er ein kleines Vermögen aus Nebenerwerben in seine Sammlung investiert hat, hat er niemals bereut: «Meine Sammlung erzählt Geschichten aus vergangener Zeit, als der Weihnachtsschmuck noch etwas sehr Kostbares war und keine Massenproduktion.» (Tijana Nikolic)