Humor, Slapstick und etwas Tiefgang

Theater & Tanz

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In Zug feierte «Man sieht Rot» mit Sven Furrer und Barbara Terpoorten nationale Premiere. Das Stück aus der Feder von Igor Bauersima hinterlässt durchwachsene Eindrücke.

  • In «Man sieht Rot» sind Sven Furrer (rechts) und Barbara Terpoorten gemeinsam auf den Schweizer Bühnen unterwegs. Die Uraufführung ist diese Woche im Theater Casino Zug über die Bühne gegangen. (Bild Maria Schmid)
    In «Man sieht Rot» sind Sven Furrer (rechts) und Barbara Terpoorten gemeinsam auf den Schweizer Bühnen unterwegs. Die Uraufführung ist diese Woche im Theater Casino Zug über die Bühne gegangen. (Bild Maria Schmid)

Zug – Die Erwartungen waren hoch: Sven Furrer hatte zusammen mit René Rindlisbacher als Comedy-Duo Edelmais eine fixe Fangemeinde aufbauen können. Im Mai 2018 war dann endgültig Schluss mit Edelmais: Sven Furrer wurde Sportmoderator beim Pay-TV-Sender Teleclub. Und der gebürtige Baarer René Rindlisbacher bereitete sich zusammen mit seiner Tochter auf die Solotour «Oh nein, Papa» vor, die dieses Jahr erfolgreich gestartet ist.

Sven Furrer und Barbara Terpoorten, letztere bekannt aus «Der Bestatter», sind nun mit «Man sieht Rot» auf grosser Tournee durch die Deutschschweiz und feierten am Dienstag Premiere im Theater Casino Zug. Als «neuartiges Comedyformat» war das Stück angekündigt worden. Das macht neugierig.

(K)eine Screwballkomödie

Das Stück handelt vom ehemaligen Schauspieler Tomas Rot. Er muss an einer Preisverleihung für Psychiater einen Modellpatient spielen. Die für den Preis Nominierte ist aber ausgerechnet seine Jugendliebe Frauke Man, und diese soll am Patienten exemplarisch eine Behandlung vor Publikum durchführen, sonst gibt es weder Preisgeld noch Ruhm und Ehre. Diese Konstellation würde sehr viel zulassen, wäre gar ein ideales Setting für eine klassische Screwballkomödie. Am Premierenabend hat dies aber nicht wirklich funktioniert. Sven Furrer irritierte das Publikum bereits im Intro mit 1980er-Jahre Comedy im Sinne von Schnauzbart und Perücke, um dann aber nur zu zeigen, dass er verschiedene Dialekte und Akzente nachmachen kann.

Ein erstes Highlight war dann der Auftritt von Barbara Terpoorten als wienerische Psychiaterin Frauke Man. Diese Besetzung ist für das Stück ein Glücksfall, denn ihre schauspielerischen Qualitäten vermochten die eher blasse Bühnenfigur zu retten. «Wir haben nach einer Topschauspielerin mit ‹funny bones› gesucht», erklärt Sven Furrer auf Anfrage. «Nach dem ersten Gespräch mit Barbara war klar, dass sie und ich ähnliche theatrale Sehnsüchte haben und dass sie die richtige Besetzung ist», so Sven Furrer, der im Stück Tomas Rot (und viele weitere Charaktere) spielt.

Warum Barbara Terpoorten auf der Bühne zu Slapstick (sich verkehrt auf die Liege legen, in Türen reindonnern, übertrieben schreien usw.) verdonnert wurde, bleibt fragwürdig.

Zum wahren Kern zurückgefunden

Zaubertricks und das Sitcom-Element «Tür auf, Tür zu» funktioniert auch heute noch bestens, aber nur wenn es als stimmiges Element entsprechend dosiert eingesetzt wird. Viele Komponenten der klassischen Komödie schienen im Stück sehr beliebig eingesetzt worden zu sein, manche Elemente wurden für kurze Zeit in den Vordergrund gestellt, dann aber komplett vergessen oder sie schienen nicht mehr von Belang zu sein. So die Zaubertricks, die Sven Furrer als Tomas Rot zu Beginn aufführte, die später aber keine Rolle mehr spielten.

Sven Furrer hatte die Hauptfigur tiefgründig angelegt: «Tomas Rot war ein wunderbarer Mensch, ehrlich, loyal und wertebewusst, bis sein Leben in jungen Jahren durch einen traumatischen Vertrauensbruch begann, zu entgleisen», beschreibt Sven Furrer den Bühnencharakter. «Er scheiterte schliesslich als Schauspieler und musste auf Überlebensmodus schalten. In unserem Theaterabend findet er wieder zu seinem wahren Kern.»

Wortspiele ohne Relevanz

Etwas vom Gelungensten im Stück war ein neu inszenierter TV-Beitrag von Tele Bern. Die etwas ratlose Reporterin erklärte, was sich für eine Tragödie im Theater mit der damals jungen Frauke (die seinerzeit noch nicht so hiess) und Tomas abspielte. Gelungen, weil es ein Element der Zuschaueridentifikation bot: Alle haben im Lokalfernsehen schon solche Beiträge gesehen. Diese Darstellung hielt sich an das Schema der klassischen Komödie: Man nehme altbekanntes und stelle es überspitzt dar. Angenehmer Nebeneffekt: Während des Beitrags verzichtete man auf die sonst im Stück völlig planlos eingesetzten Wortspiele («Einstein?» «Nein! Ein Stein»).

Nach der Pause dann zügig die unglaubwürdige Auflösung, «Deus ex Machina» wie im Lehrbuch. Eine unerwartete Person, die vorher nie erwähnt worden war, tritt auf und löst das Rätsel. Dies allerdings derart hanebüchen, dass sogar die Macher diesen Fakt (Gott sei Dank!) realisiert haben und diese Person mittels Projektion auf der Bühne mit einem lauten «Puff» wieder verschwinden liessen.

Ansprechende Reminiszenzen

Wirklich gelungen hingegen waren die verschiedenen Projektionen; damit konnten Handlungsabläufe dargestellt werden, die auf der Bühne nicht gezeigt werden konnten. Die Visuals waren optisch sehr ansprechende Reminiszenzen an alte Agentenfilme mit einer Prise Flower-Power. Dennoch fühlte sich das Publikum mit dieser Auflösung sichtlich unwohl, entsprechend verhalten war der Schlussapplaus. (Haymo Empl)

Hinweis
Weitere Aufführungsorte und -termine: www.mansiehtrot.ch