Die Blume, der Vogel und der Stern

Dies & Das

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Bruno Scheuermeiers namenlose Plastik in der Alterssiedlung Bergli lässt viel Raum für persönliche Interpretation.

  • Blume mit Vogel und Stern: Die Plastik von Bruno Scheuermeier wirkt verspielt und steht stark im Kontrast zur umgebenden Architektur. (Bild Matthias Jurt)
    Blume mit Vogel und Stern: Die Plastik von Bruno Scheuermeier wirkt verspielt und steht stark im Kontrast zur umgebenden Architektur. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Eine überdimensionierte Blume, über deren Blütenkelch ein Stern und ein Vogel schweben. Die drei Elemente stehen – gemessen an der Realität – in unverhältnismässigen Proportionen zueinander. Ohnehin lässt sich das Gebilde bis auf die Benennung der drei Hauptbestandteile nicht näher definieren. Dies zieht sich jedoch fast durch das ganze Oeuvre des Künstlers, aus dessen Hand ­diese «Vogel-Stern-Blume» stammt. Der Zuger Bildhauer Bruno Scheuermeier (1940–2017) hat die namenlose Plastik 1991 für die Aussengestaltung der Alterssiedlung Bergli an der Metallstrasse geschaffen.

Schönheit und ästhetischer Anspruch in der Kunst sind – eine Binsenwahrheit – Sache des persönlichen Empfindens. Das Blumengebilde diesbezüglich wertfrei betrachtet, lassen sich im Aufbau interessante Aspekte ausmachen, die das Kunstwerk zumindest auf den zweiten Blick als dynamische Materialcollage wahrnehmen lassen.

Der Blumenstiel besteht aus einem dicken Blechrohr. An drei Stellen hat Scheuermeier dieses durchtrennt und es so fixiert, dass sich leicht zur Seite neigt. Aus dem oberen Ende des Rohres hat er die Blütenblätter geformt, diese abgerundet, nach aussen zu einem Kelch gebogen und gelb bemalt. Die Blütenränder hat Scheuermeier blechfarben belassen, wodurch der Kelch an zusätzlicher Plastizität gewinnt. Je nach Blickwinkel scheinen Vogel und Stern – beides an schlanken Stäben fixiert – dem Blütenkelch zu entwachsen. Doch führen die langen Stäbe aussen am Blumenstiel entlang bis zu ihrer überhöhten Position, wo die zwei Elemente aus Holz, die wohl als Inbild für die Fauna und das Gestirn interpretiert werden können, festgemacht sind. Die Arbeitsschritte des Künstlers bleiben ablesbar: Montagestellen und Lötspuren sind sichtbar, was dem verwendeten Material seine Ursprünglichkeit belässt.

Verspielt und humoristisch

Einen Hinweis auf mögliche Interpretationsansätze gibt die Farbgebung des Gebildes, welche – neben dem Blech – aus einem Gelb- und Blauton besteht. Gelb sind die Blütenblätter, der Stern und der Stab des Vogels, blau sind der Vogel und der Stab des Sterns. Flora, Fauna und das überspannende Gestirn – alles steht in einer Relation zueinander. Dahin gehend könnte der Künstler sein Werk gedeutet haben. Den Kunstwerken Bruno Scheuermeiers wohnt stets etwas Verspieltes, Humoristisches inne. So auch bei unserer «Blume» in der Zuger Alterssiedlung. Sie durchbricht die umliegende, streng gegliederte Architektur.

Der in Zürich geborene Bildhauer hat ab 1962 bis zu seinem Tod in Zug gelebt und war an vielen Einzel- und Gruppenausstellungen präsent. Im öffentlichen Raum der Stadt Zug ist er neben dem hier besprochenen Kunstwerk mit drei weiteren Arbeiten vertreten. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.