Gemeinsam mit Dante zur Hölle fahren

Kunst & Baukultur

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Anlässlich von Dante Alighieris 700. Todestag startet in Zug ein Wander-Kunstprojekt. Mit der Skulptur eines bekannten russischen Künstlers soll das Erbe des italienischen Dichters lebendig gehalten werden.

  • Der Russe Vasily Klyukin hat die Skulptur erschaffen. (Bild Patrick Hürlimann)
    Der Russe Vasily Klyukin hat die Skulptur erschaffen. (Bild Patrick Hürlimann)

Zug – Die ergreifende Geschichte des Dichters Dante Alighieri (1265-1321), wie er an der Seite Vergils in die Hölle hinabsteigt und anschliessend über den Läuterungsberg ins ewige Paradies gelangt, gilt als die bedeutendste Schöpfung der italienischen Literatur. Dantes «Göttliche Komödie» war zudem das erste Epos jener Zeit, welches nicht in Latein, sondern auf Italienisch urverfasst war – das Werk verschaffte dem Italienischen den Durchbruch als Standardschriftsprache. 2021 jährt sich Dantes Todestag zum 700. Mal, weltweit wird heuer dem grossen Dichter und Philosophen in unterschiedlicher Form gedacht.

Ein besonderes Projekt zu Ehren Dantes nahm am gestrigen Tage mitten in der Stadt Zug seinen Anfang: Die moderne Skulptur «Maske des Dante» des russischen Künstlers Vasily Klyukin ist der Öffentlichkeit übergeben worden. Sie steht mitten auf dem oberen Postplatz und wird hier voraussichtlich bis zum 12. April präsent sein. Die Skulptur gehört zu Klyukins Ausstellungsprojekt «In Dante Veritas», welches 2018 im staatlichen Russischen Museum in St. Petersburg erstmals gezeigt worden war. Im Anschluss wanderte die Ausstellung an die 58. Kunstbiennale in Venedig und siedelte später nach Luzern um, wo sie mit 28 Exponaten auf dem Château Gütsch unter dem Motto «Art Panorama Inferno» präsentiert wird. Die Ausstellung ist Klyukins Neuinterpretaion von Dantes «Göttlicher Komödie». Nach Zug als Ausgangspunkt wird Klyukins «Maske des Dante» in weiteren Schweizer Städten und – so ist es geplant – in europäischen Städten jenseits der Landesgrenze Station machen.

Dantes unverminderte Bedeutung

An der symbolischen Enthüllung der Skulptur auf dem Postplatz waren mehrere Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen zugegen, welche in das Wanderprojekt involviert sind. Neben dem Künstler selbst waren unter anderem der italienische Botschafter in Bern, Silvio Mignano, und ein Vertreter der international agierenden Dante Organisation vor Ort. Letzterer zeigte sich stolz, Kluykins Kunstwerk hier in Zug präsentieren zu können. «Die Bedeutung Dantes ist heute noch so gross wie vor 700 Jahren», hielt er in seinen Begrüssungsworten fest. «Auch für uns ist es eine grosse Ehre, diese Skulptur von hier aus auf ihre Reise schicken zu können», stimmte Botschafter Mignano in den Tenor ein.

Die 2018 angefertigte «Maske des Dante» von Vasily Klyukin ist rund zweieinhalb Meter hoch. Sie besteht aus zahlreichen dünnen, eingefärbten Stahlplatten, welche von einem zentralen Punkt ausgehend durch ihre unterschiedlichen Profilierungen in der Summe fächerartig und an ein aufgeschlagenes Buch erinnernd den charakteristischen Kopf Dantes formen. Dies nach der mutmasslichen Totenmaske des Dichters, welche heute im Palazzo Vecchio in Florenz aufbewahrt wird. Trotz der avantgardistischen Interpretation lassen sich in Klyukins Kunstwerk die einst von Dantes populärem Biografen Giovanni Boccaccio (1313-1375) beschriebenen Züge des Philosophen erkennen: ... langes Gesicht, grosse Augen, krumme Nase, ausladender Kiefer, melancholischer und nachdenklicher Ausdruck...

Die voluminöse, doch leicht und filigran wirkende Skulptur, welche bewusst solitär ohne eigentlichen Sockel konzipiert ist, steht auf einem eigens für ihre Wanderpräsentation angefertigten Kubus. Dieser ist neben einer Beleuchtungsvorrichtung mit einem QR-Code versehen, über den Smartphone-Benutzer die aus Sicht des Künstlers spannendsten Auszüge aus Dantes «Göttlicher Komödie» anhören können.

Wann endet die Hölle?

Die Präsentation der «Maske des Dante» auf dem Postplatz steht unter der Schirmherrschaft der Stadt Zug und des italienischen Kulturministeriums. Ermöglicht wird die Aktion durch die in Zug ansässige Vermögenverwaltungsfirma Arter Asset Management AG. «Wir glauben, dass wir durch die Kunst die Unterstützung finden können, die jeder im Moment braucht», schreibt das Unternehmen in ihrer Mitteilung zum Kunstprojekt. «Vor 700 Jahren geschrieben, wirft Dates «Göttliche Komödie» die ethischen und philosophischen Fragen auf, die sich jeder seit einem Jahr stellt und sich fragt – ‹wann die Hölle endet›.»

Damit ist auch der aktuelle Bezug gegeben: Wann endet die lästige Pandemie? «Wir sehen in diesem Projekt die Verwirklichung unserer sozialen Verantwortung gegenüber den Menschen, die dieses schöne Land geschaffen und entwickelt haben», kommt das Zuger Unternehmen zum Schluss. (Andreas Faessler)